Ukrainische Zivilgesellschaft nach der COVID-19-Pandemie
Am 15. Mai 2020 fand ein digitales Gespräch „Ukrainische Zivilgesellschaft nach der COVID-19-Pandemie“ mit drei Aktivistinnen aus der Ukraine und Deutschland über den Umgang der NGOs mit der Corona-Krise statt.
Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von Standard. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf den Button unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.
Am 15. Mai 2020 fand ein digitales Gespräch „Ukrainische Zivilgesellschaft nach der COVID-19-Pandemie“ statt. Unter Moderation von Julia Eichhofer, Redakteurin von Ukraine verstehen, diskutierten drei Aktivistinnen aus der Ukraine und Deutschland über den Umgang der NGOs mit der Corona-Krise, die Zusammenarbeit mit staatlichen Einrichtungen und Aussichten für eine Wiederbelebung des bürgerlichen Engagements in der Ukraine. Am Gespräch in Zoom nahmen ungefähr 40 Personen teil.
Inna Ivanenko, Direktorin der Organisation „Patiens of Ukraine“, berichtete über die Lage der Krankenhäuser angesichts der Corona-Pandemie.
Ähnlich wie ukrainische Soldaten 2014 auf Unterstützung der Volontäre angewiesen waren, so kämpften 2020 ukrainische Ärzte an der Vorderfront der Pandemie mit mangelnder persönlicher Schutzausrüstung.
Jeder fünfte Infizierte in der Ukraine ist ein medizinische*r Fachangestellte*r. Da der Staat zu bürokratisch, langsam und ineffektiv agiert, griffen die „Patienten“ mit ihrem freiwilligen Engagement ein, Schutzausrüstung für Ärzte zu kaufen. Sie mobilisierten Freiwillige, sammelten in öffentlichen Fundraising-Kampagnen Geld und kauften für umgerechnet 260 Tsd. Euro medizinische Schutzkittel, Einweghandschuhe, Atemschutzmasken und Schutzbrillen. Die Patienten hoffen, dass der Gesundheitsminister – der dritte in diesem Jahr – die Corona-Krise ernst nimmt und in der Zukunft auf die Stimmen aus der Zivilgesellschaft hört.
Anna Chernova, Mitbegründerin der Stiftung „Child Smile“ mit Sitz in Zaporizhja, berichtete über die Lage der verwundbarsten Bevölkerungsgruppen in der Südostukraine: Kinder, älterer Menschen, Arbeitslosen.
„Child Smile“ hörte mit ihrer Arbeit während der Quarantäne nicht auf, im Gegenteil: die NGO bot kostenlose online-Rechtsberatung an und entwickelte on-demand Schulungen für Sozialarbeiter, die täglich Kinder aus Krisenfamilien und alleinstehende Rentner aufsucht.
Aus sporadischen Initiativen wurde eine neue Arbeitsrichtung ins Leben gerufen.
Oleksandra Bienert, Kolumnistin für Ukraine verstehen, berichtete über die Mobilisierungsaktionen der Kulturschaffenden in der Ukraine unter dem Motto „Stoppt die kulturelle Quarantäne“. Bis zu 250 Tausend Kulturschaffende im Lande, die im weiten Sinne auch zur Zivilgesellschaft gehören, standen kurz vor einer Pleite nicht zuletzt wegen dramatischen Kürzungen des Kulturhaushaltes.
Durch die sichtbaren Protestaktionen haben die Künstler es geschafft, den Kulturposten zurück in den Staatshaushalt zu bringen.
Oleksandra betonte zuletzt die Rolle des ehrenamtlichen Engagements gerade in Krisenzeiten, aus dem später langfristige strukturierte Initiativen hervorgehen.
Zusammenfassend kamen die Gäste zum Schluss, dass die Resilienz der ukrainischen Zivilgesellschaft hoch genug ist, um die Corona-Pandemie zu überstehen. Der Mobilisierungspotenzial dieser Krise führt im Gegenteil zur Entstehung neuer Initiativen dort, wo staatliche Hilfe zu kurz kommt. Die NGOs griffen auch diesmal dem Staat unter die Arme und kommen aus dieser Krise als Innovatoren, effektive Watchdogs und Inkubatoren für künftige Entscheidungsträger heraus.
Über die fragile Zivilgesellschaft in Zeiten der Pandemie schrieb Oleksandra Bienert in ihrer Kolumne im April 2020.
Verwandte Themen
Tragen Sie sich in unseren Newsletter ein und bleiben Sie auf dem Laufenden.