Was man über das ASOW-Regi­ment wissen muss

Foto: Mihail Andro­nik /​ Imago Images

In west­li­chen Medien sind das ukrai­ni­sche Regi­ment “Asow” und seine Ver­bin­dun­gen zur Rechten Dau­er­thema. Zwölf Fragen und Ant­wor­ten von Vya­ches­lav Lykhachov.

1. Ist Asow eine Bedrohung?

Ich bin fast jeden Tag gezwun­gen, mit aus­län­di­schen Jour­na­lis­ten aus ver­schie­de­nen Ländern, von Indien bis Bra­si­lien, über Asow zu spre­chen. Vor dem Hin­ter­grund der schreck­li­chen huma­ni­tä­ren Situa­tion in Mariu­pol, das von den Asow-Kämp­fern hel­den­haft ver­tei­digt wird, reagiere ich ziem­lich emo­tio­nal, wenn das Gespräch, sagen wir, mit der Frage beginnt: „Inwie­weit ist Asow wirk­lich eine Bedrohung?“

Es ist jedoch wichtig, sich daran zu erin­nern, dass es höchst­wahr­schein­lich nicht die Schuld der Person ist, dass sie etwas nicht weiß oder nicht ver­steht, wie man ver­füg­bare Infor­ma­tio­nen kri­tisch ana­ly­sie­ren kann. Die Tat­sa­che, dass die Person fragt, sollte meiner Meinung nach als eine bewusste Ein­la­dung zur Auf­klä­rung gesehen werden.

Wenn jemand nach dem Asow-Regi­ment fragt, lohnt es sich zunächst einmal her­aus­zu­fin­den, was er oder sie über­haupt über Asow weiß, woher und warum sich die Frage nach dieser Einheit der Natio­nal­garde über­haupt stellt. Unter west­li­chen Jour­na­lis­ten und allen, die glauben, etwas über die „Ukraine-Krise“ zu wissen, taucht fast immer die Frage nach Asow auf. Doch wenn man nach­fragt, können nur wenige über­haupt arti­ku­lie­ren, was genau sie beun­ru­higt und woher die Gründe für diese Besorg­nis kommen.

Die Obses­sion der Medien

Meis­tens hat man es mit zwei Mög­lich­kei­ten zu tun: a) alle reden über Asow, alle Medien schrei­ben darüber; b) es wird von den Russen im Zusam­men­hang mit der „Ent­na­zi­fi­zie­rung“ erwähnt. Im ersten Fall sollten wir uns auf die Fest­stel­lung beschrän­ken, dass sich die Auf­re­gung der Medien selbst nährt: Die Medien schrei­ben über Asow nur, weil andere Medien über Asow schrei­ben. Das ist einfach eine Obses­sion, auf die es sich nicht lohnt, zu reagieren.

Im zweiten Fall sollten wir deut­lich machen, wie absurd die Vor­stel­lung ist, dass irgend­wel­che Behaup­tun­gen des Kremls irgend­eine Grund­lage haben. Wenn der rus­si­sche Außen­mi­nis­ter behaup­tet, Russ­land habe die Ukraine nicht ange­grif­fen, wird niemand nach­prü­fen, ob in der Ukraine wirk­lich ein Krieg statt­fin­det. Das west­li­che Publi­kum sollte sich einfach an den Gedan­ken gewöh­nen, dass Russ­land und seine Beamten jedes Mal, wenn sie den Mund auf­ma­chen, lügen. Für viele im Westen ist es schwie­rig, dies zu erken­nen, aber es ist notwendig.

In den bespro­che­nen Fällen ist es sinn­voll, sich auf die Aussage zu beschrän­ken, dass Asow eine der Ein­hei­ten der ukrai­ni­schen Natio­nal­garde ist, die gerade jetzt, während der Fra­ge­stel­ler seine Neu­gierde befrie­digt, die Zivi­lis­ten von Mariu­pol vor der Ver­nich­tung schützt. In den meisten Fällen wird dies eine aus­rei­chende Antwort sein. Nur wenn der Fra­ge­stel­ler wirk­lich etwas über den Gegen­stand der Dis­kus­sion weiß, ist es sinn­voll, die weiter unten erör­ter­ten Ein­zel­hei­ten anzuführen.

Die kurze Antwort auf die Frage lautet also: Nein, Asow ist kein Neonazi-Regiment.

2. Sind alle Mit­glie­der des Regi­ments Neonazis?

Nein, natür­lich nicht. Weder in der ukrai­ni­schen Natio­nal­garde noch in den Streit­kräf­ten der Ukraine gibt es Ein­hei­ten, die auf einer ideo­lo­gi­schen Grund­lage geschaf­fen wurden. Die einzige mög­li­che Ideo­lo­gie einer Einheit der Natio­nal­garde der Ukraine ist das Dis­zi­pli­nars­ta­tut. Darin heißt es unter anderem, dass die Ver­pflich­tung besteht, „die Men­schen­rechte, die Ehre und die Würde des Men­schen zu achten“ und „Äuße­run­gen und Hand­lun­gen zu unter­las­sen, die die Men­schen­rechte ver­let­zen oder die Ehre und die Würde einer Person her­ab­set­zen können“.

Um nicht nur vom tech­ni­schen Stand­punkt aus zu ant­wor­ten, könnte ich hin­zu­fü­gen, dass es unter den Grün­dern und Kämp­fern von Asow von Anfang an Per­so­nen mit neo­na­zis­ti­schem Hin­ter­grund und rechts­extre­men Ansich­ten gab. Aller­dings hatten nicht alle Gründer des Batail­lons einen solchen Hin­ter­grund. Unter den ersten Kämp­fern von Asow, Akti­vis­ten aus den Auto­mai­dan-Gruppen, befan­den sich zum Bei­spiel auch mehrere eth­ni­sche Juden (und min­des­tens ein israe­li­scher Staatsbürger).

Die meisten der rechts­extre­men Kämpfer ver­lie­ßen das Regi­ment bis Ende 2014. Der Rest der Rechts­ra­di­ka­len, die ihre Ansich­ten klar arti­ku­lier­ten, wurde durch das neue Kom­mando des Regi­ments im Jahr 2017 bewusst „aus­ge­merzt“. In den letzten Jahren gibt es kei­ner­lei Anhalts­punkte für den Vorwurf, dass Neo­na­zis im Asow-Regi­ment dienen.

3. Handelt es sich um eine para­mi­li­tä­ri­sche oder eine offi­zi­elle Struktur?

Asow ist eine eigene Spe­zi­al­ein­heit der Natio­nal­garde der Ukraine (Mili­tär­ein­heit 3057), eine offi­zi­elle staat­li­che Einheit unter dem Kom­mando des ukrai­ni­schen Innen­mi­nis­te­ri­ums. Im Gegen­satz zu einigen 2014 gegrün­de­ten Frei­wil­li­gen­ein­hei­ten war Asow zudem nie eine inof­fi­zi­elle Einheit – sie war von Anfang an Teil des Innen­mi­nis­te­ri­ums der Ukraine. Daher ist es ein Fehler, sie als „Miliz“ zu bezeich­nen, ein Begriff, der im Zusam­men­hang mit Asow immer noch weit ver­brei­tet ist.

4. Wer dient in Asow?

Die­je­ni­gen, die bereit sind, ihre Heimat und ihr Volk zu ver­tei­di­gen, und die das Aus­wahl­ver­fah­ren bestan­den haben (Asow genießt den Vorteil, dass man sich die Leute aus­su­chen kann – es gibt viele, die bereit sind, in seine Reihen ein­zu­tre­ten). Es gibt Men­schen unter­schied­li­cher eth­ni­scher Her­kunft – bei­spiels­weise Russen, Juden oder Krim­ta­ta­ren – mit ver­schie­de­nen reli­giö­sen Ansich­ten und poli­ti­schen Zuge­hö­rig­kei­ten. Es gibt keine Beschrän­kung, wer der Einheit ange­hö­ren kann. Nach Angaben der Offi­ziere der Einheit ist die Mehr­heit des Per­so­nals russischsprachig.

5. Ist der Leiter von Asow auch Chef der rechts­extre­men Partei „Natio­na­les Korps“?

Nein. Aktive Mili­tär­an­ge­hö­rige in der Ukraine dürfen keiner poli­ti­schen Partei ange­hö­ren, da die Ver­tei­di­gung des Vater­lan­des über allen Par­tei­in­ter­es­sen und poli­ti­schen Zuge­hö­rig­kei­ten steht. Andrij Biletskyjj, der Vor­sit­zende der poli­ti­schen Partei Natio­na­les Korps, der wirk­lich eine Rolle bei der Bildung der Einheit gespielt hat und zu Recht als ihr Gründer gilt, leitete Asow nur für ein paar Monate im Sommer und Anfang Herbst 2014 und ist seitdem wieder poli­tisch aktiv. Es ist kein Geheim­nis, dass er mit seinem eigenen „Geis­tes­pro­dukt“ in Kontakt stand, Geld für die Behand­lung und Reha­bi­li­ta­tion ver­wun­de­ter Sol­da­ten sam­melte, seine ehe­ma­li­gen Waf­fen­brü­der in seine poli­ti­schen Pro­jekte oder kom­mer­zi­el­len Orga­ni­sa­tio­nen (vor allem private Sicher­heits­fir­men) ein­be­zog. Seit Oktober 2014 hat er aber keine formale Bezie­hung mehr zur Asow-Einheit.

6. Ist die Natio­nale Dru­schyny (Natio­nale Bür­ger­wehr) Teil des Asow-Regiments?

Nein. Die Natio­nale Dru­schyny ist eine öffent­li­che Orga­ni­sa­tion, die übri­gens seit fast zwei Jahren nicht mehr aktiv ist. Sie hat keine direkte Bezie­hung zum Regi­ment der Natio­nal­garde. Aller­dings war Igor Mykhay­lenko, der Andryj Biletskyj als Regi­ments­kom­man­deur ablöste, der Leiter der Natio­na­len Druschyny.

7. Ist das Asow-Regi­ment ein Kampf­ver­band des Natio­na­len Korps?

Nein. Die poli­ti­sche Partei hat keine direkte Bezie­hung zum Regi­ment. Das Regi­ment exis­tiert nicht nur formell, sondern auch inhalt­lich getrennt von der Partei. Die Streit­kräfte der Ukraine und die Natio­nal­garde sind nicht politisch.

Andryj Biletskyj ist jedoch sehr stolz auf die Grün­dung von Asow. Die Teil­nahme an der ATO (Anti-Terror-Ope­ra­tion), die Befrei­ung von Mariu­pol und die erfolg­rei­che Öffent­lich­keits­ar­beit des Regi­ments haben ihn bekannt und beliebt gemacht, seine Wahl ins Par­la­ment und seine Präsenz in den Medien gesi­chert. Aus diesem Grund ver­sucht Biletskyj, das „Mar­ken­zei­chen“ Asow im poli­ti­schen Leben zu nutzen.

Sein erstes poli­ti­sches Projekt nach der Rück­kehr ins öffent­li­che Leben im Oktober 2014 hieß sogar „Asow­sches Zivil­korps“. Andryj Biletskyj war froh darüber, dass sich die Vete­ra­nen des Regi­ments dem Natio­na­len Korps anschlos­sen. Eine Reihe an öffent­li­chen Orga­ni­sa­tio­nen um die Partei herum nannte er die „Asow-Bewe­gung“.

Bestimmte infor­melle Ver­bin­dun­gen werden auch wei­ter­hin auf­recht­erhal­ten. Aber es geht mehr um die öffent­li­che Legi­ti­ma­tion und die Umwand­lung eines gewis­sen sozia­len Kapi­tals, das in der ATO erwor­ben wurde, in ein poli­ti­sches Kapital. Das Gleiche gilt für andere Per­sön­lich­kei­ten des öffent­li­chen Lebens, die der breiten Öffent­lich­keit als Gründer von Frei­wil­li­gen­ver­bän­den bekannt wurden – zum Bei­spiel der erste Kom­man­deur des Donbas-Batail­lons, Semen Sementschenko.

8. Dienen dort auch Rechts­extre­mis­ten aus Europa und den USA?

Nein. Aus­län­der können in den Reihen der Natio­nal­garde über­haupt nicht dienen (anders als bei den Streit­kräf­ten der Ukraine). Es ist erwäh­nens­wert, dass im Jahr 2014, als noch nicht alle For­ma­li­tä­ten ein­ge­hal­ten wurden, de facto Aus­län­der in Asow dienten. Asow war an Leuten mit Dienst­er­fah­rung in west­li­chen Armeen inter­es­siert. Das rechts­extreme Image der Einheit zog Aus­län­der an.

Im Jahr 2014 waren auch per­sön­li­che Ver­bin­dun­gen wichtig. Unter den Grün­dern von Asow gab es eine ein­fluss­rei­che Gruppe von Akti­vis­ten mit rechts­extre­mem Hin­ter­grund. Sie wurden von Men­schen, auch von aus­län­di­schen Gleich­ge­sinn­ten, beob­ach­tet. Inner­halb von acht Jahren hat sich jedoch viel ver­än­dert. Mehrere Jahre lang waren keine Aus­län­der bei Asow. In den letzten Jahren haben einige aben­teu­er­lus­tige, west­li­che Rechts­extre­mis­ten ver­sucht, sich dem Regi­ment anzu­schlie­ßen. Im schlimms­ten Fall mussten sie vom Inlands­ge­heim­dienst des Landes ver­wie­sen werden.

9. Wird die Orga­ni­sa­tion als extre­mis­tisch eingestuft?

Sie gilt in der Rus­si­schen Föde­ra­tion, wo bekannt­lich Face­book und Insta­gram als extre­mis­ti­sche Quellen gelten, als extre­mis­tisch. Vor einigen Jahren wurde jedoch auch in den Ver­ei­nig­ten Staaten eine Initia­tive zur Aner­ken­nung von Asow als aus­län­di­sche ter­ro­ris­ti­sche Orga­ni­sa­tion dis­ku­tiert. Damals beschlos­sen die Kon­gress­ab­ge­ord­ne­ten wegen der Zunahme an rechts­extre­men Terror im Land zum ersten Mal, eine aus­län­di­sche Gruppe von „White Supre­macists“ in die Liste solcher Orga­ni­sa­tio­nen auf­zu­neh­men (zuvor standen nur Isla­mis­ten, einige natio­nale Sepa­ra­tis­ten­be­we­gun­gen und Links­ra­di­kale auf dieser Liste).

Die Initia­to­ren, die sich von dem von den Medien geschaf­fe­nen Bild leiten ließen, wussten jedoch nicht einmal, dass es sich um eine Abspal­tung einer staat­li­chen Ein­rich­tung und nicht um eine infor­melle, para­mi­li­tä­ri­sche Gruppe han­delte. Nach der Klärung geriet die Initia­tive in Ver­ges­sen­heit, und die erste Gruppe von „White Supre­macists“, die in die Liste der ter­ro­ris­ti­schen Orga­ni­sa­tio­nen auf­ge­nom­men wurde, war die Rus­si­sche Reichsbewegung.

10. Sind Mit­glie­der der Orga­ni­sa­tion in Kriegs­ver­bre­chen verwickelt?

Es ist bekannt, dass nur ein Gericht fest­stel­len kann, ob eine Person kri­mi­nell ist oder nicht. Bei Kriegs­ver­bre­chen, die während eines bewaff­ne­ten Kon­flikts began­gen werden, ist dies jedoch schwie­ri­ger. Selbst Wla­di­mir Putin und Sergei Schoigu sind nicht als Kriegs­ver­bre­cher aner­kannt worden – zumin­dest noch nicht. Wenn wir statt­des­sen fragen: Gibt es glaub­wür­dige Gründe für die Annahme, dass Asow-Kämpfer im Ver­dacht stehen, Kriegs­ver­bre­chen began­gen zu haben, lautet die Antwort: Ja.

Es gibt Gründe für die Annahme, dass 2014 einige Kämpfer gegen das Kriegs­recht und die Kriegs­ge­pflo­gen­hei­ten ver­sto­ßen haben. Diese Fälle waren jedoch nicht sys­te­ma­tisch. Die UN-Men­schen­rechts­be­ob­ach­tungs­mis­sion, die bis Ende Februar 2022 in Mariu­pol präsent war (und wei­ter­hin in Donezk tätig ist), hat solche Fälle über­haupt nicht regis­triert. Auch die rus­si­sche Seite hat keine über­zeu­gen­den Beweise für solche Ver­bre­chen vor­ge­legt. Die Mit­glie­der, die ver­däch­tigt wurden, haben die Einheit spä­tes­tens 2015 verlassen.

11. Steht Asow für „die Rein­heit der weißen Rasse“?

Nein. Nicht einmal die poli­ti­sche Partei des Natio­na­len Korps steht dafür. Ja, Andryj Biletskyj hat sich in den Jahren 2006 bis 2010 per­sön­lich ras­sis­tisch geäu­ßert. Aller­dings sind spä­tes­tens seit Anfang 2014 keine der­ar­ti­gen Äuße­run­gen von ihm mehr zu verzeichnen.

12. Ver­herr­licht Asow die Nazi-Ideologie?

„Wir ver­ach­ten Nazis­mus und Sta­li­nis­mus“ heißt es in einem der letzten Posts auf dem offi­zi­el­len Tele­gramm­ka­nal der Einheit (vom 28. März). Übri­gens auf Russisch.

Wenn also alles so offen­sicht­lich ist, warum zeigt sich das west­li­che Publi­kum wei­ter­hin besorgt über Asow?

Erstens stimmt es, dass einige Gründer einen rechts­extre­men und in einigen Fällen neo­na­zis­ti­schen Hin­ter­grund haben. Dies spie­gelte sich teil­weise im Emblem von Azow wider, aber in keiner Weise in den Akti­vi­tä­ten von Azow. So gab es bei­spiels­weise in Mariu­pol eine recht große jüdi­sche Gemeinde und eine funk­tio­nie­rende Syn­agoge, die in acht Jahren nie Pro­bleme mit einem Asow-Kämpfer bekom­men hat. Ähnlich verhält es sich mit den Mus­li­men in der Stadt oder einer großen (etwa 100.000 Men­schen umfas­sen­den) grie­chi­schen Gemeinde. Die größte Gefahr für die eth­ni­schen Gemein­schaf­ten von Mariu­pol wie auch für alle Ein­woh­ner der Stadt sind die Bom­bar­die­run­gen ziviler Infra­struk­tur durch die rus­si­schen Aggressoren.

Zwei­tens ist die rus­si­sche Pro­pa­ganda daran betei­ligt, das Bild eines kri­mi­nel­len neo­na­zis­ti­schen „natio­na­len Batail­lons“ zu schaf­fen. Sie ver­nach­läs­sigt dabei nicht offene Lügen, sondern nutzt bestimmte objek­tive Fakten (wie das Emblem des Regi­ments und die poli­ti­sche Ver­gan­gen­heit seiner Gründer), um ein abschre­cken­des Bild zu schaf­fen. Dieses Bild ist vir­tu­ell, aber wir sollten die rus­si­sche Pro­pa­ganda nicht unterschätzen.

Sie ist sys­te­ma­tisch, pro­fes­sio­nell und erstaun­lich über­zeu­gend, vor allem in der west­li­chen Gesell­schaft, die an solche Lügen nicht gewöhnt ist. Die west­li­che Gesell­schaft neigt dazu, die Schwarz-Weiß-Sicht auf die Welt abzu­leh­nen und kom­ple­xere Modelle in Betracht zu ziehen. Typisch für diese Sicht­weise ist es, die Wahr­heit irgendwo in der Mitte, zwi­schen den polaren Stand­punk­ten, zu suchen. Aber die Wahr­heit liegt, wie Adam Michnik sagte, nicht in der Mitte – sie liegt dort, wo sie liegt.

Nun, zum Schluss das Unan­ge­nehmste. Jede Pro­pa­ganda funk­tio­niert nur, wenn die Men­schen bereit sind, daran zu glauben. Sie wirkt auf einen Men­schen über­zeu­gend, wenn er ihr inner­lich bereits zustimmt. Für den Westen ist es bequem, sich mit Fabeln ein­zu­lul­len, dass alles kom­pli­ziert und zwei­deu­tig ist, denn in diesem Fall kann man sich einfach in nichts ein­mi­schen, ohne dass das sen­si­ble Gewis­sen Vor­würfe macht.

Der Text ist am 3. April 2022 auf Eng­lisch beim Center for Civil Liber­ties erschienen. 

Textende

Portrait Likhanov

Vya­ches­lav Lik­ha­chev ist ein aus Russ­land stam­men­der Israeli. Er ist His­to­ri­ker, poli­ti­scher Analyst und Mit­glied des Exper­ten­rats des Zen­trums für bür­ger­li­che Freiheiten. 

 

 

 

 

 

 

Geför­dert durch:

Ver­wandte Themen

News­let­ter bestellen

Tragen Sie sich in unseren News­let­ter ein und bleiben Sie auf dem Laufenden.

Mit unseren Daten­schutz­be­stim­mun­gen erklä­ren Sie sich einverstanden.