Die Auswahl des neuen Antikorruptionsgerichts geht in die finale Phase
Die Berufung der neuen Richter zum neuen, spezialisierten Antikorruptionsgericht geht in die finale Phase. Ukrainische Watchdogorganisationen knöpften sich die 113 Bewerber vor und stellten bei 55 Unregelmäßigkeiten fest. Jetzt ist ein internationales Expertengremium an der Reihe die Integrität der Bewerber zu prüfen und fragwürdige Kandidaten auszusortieren.
Seit Ende letzten Jahres läuft die Auswahl für das neugegründete Hohe Antikorruptionsgericht (HACC). Dort sollen insgesamt – inklusive Berufungsinstanz – 39 Richter arbeiten. Von insgesamt 342 Bewerben schafften es 113 Kandidaten (m/w) in die finale Auswahl. Führenden ukrainischen Watchdog-Organisationen haben diese Kandidaten in der finalen Auswahlrunde geprüft . Dabei kommen sie zum Schluss, dass mindestens 55 Kandidaten der 113 „fragwürdig“ sind. Das bedeutet, dass es Unregelmäßigkeiten in den Vermögenserklärungen bestehen oder sie an Prozessen gegen Maidan-Aktivisten unter Wiktor Janokowytsch beteiligt waren.
Im nächsten Schritt entscheidet ein sechsköpfiges internationales Expertengremium bis zum 26. Januar darüber, welche Kandidaten aussortiert werden. Drei der sechs Stimmen des Gremiums reichen aus, Kandidaten auszusortieren.
Für den Erfolg der neuen Institution wird es von zentraler Bedeutung sein, dass hochqualifizierte, unabhängige Kandidaten ohne fragwürdige Hintergründe zu Richter ernannt werden. Deswegen werden die Auswahl und die Frage, wer von der Auswahl ausgeschlossen wird, mit großer Spannung beobachtet.
Zum Hintergrund
Das neue spezialisierte Gericht soll ermöglichen, dass korrupte Beamte oder Politiker nicht nur ins Fadenkreuz des Nationalen Antikorruptionsbüro der Ukraine (NABU) und der Ermittler der Sonderstaatsanwaltschaft geraden, sondern endlich auch rechtskräftig verurteilt werden. Die NABU ermittelte seit seiner Gründung im Jahr 2015 insgesamt 726 Fälle, von denen 172 vor Gericht landeten. Doch bisher wurde keiner der ins Netz geratenen Fische rechtskräftig verurteilt.
Aktuelle Verfahren gegen hochrangige Politiker, Staatsbeamter oder ehemalige Richter versanden vor den alten Gerichten. Genau deswegen setzen jetzt viele Ukrainer und internationale Beobachter große Hoffnungen auf das Antikorruptionsgericht. Dessen vollständige Umsetzung ist eine Bedingung internationaler Geldgeber, wie dem Internationalen Währungsfond (IWF), der Europäischen Union sowie der Weltbank. Der IWF hatte zuletzt Ende 2019 Zahlungen in Höhe von 3,4 Milliarden Euro für das Superwahljahr 2019 in Aussicht gestellt. Die Ernennung fragwürdiger Kandidaten zum neuen Antikorruptionsgericht könnte die Beziehungen zwischen den internationalen Geldgebern und der ukrainischen Regierung aber nachhaltig beschädigen und die Auszahlungen einzelner Tranchen sogar verhindern oder verzögern.
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