Wakart­schuks Rolle bei den Präsidentschaftswahlen

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Swja­to­s­law Wakart­schuk, der de facto Hoff­nungs­trä­ger der libe­ra­len Maidan-Oppo­si­tion, wird nicht bei den Prä­si­dent­schafts­wah­len 2019 antre­ten. Trotz­dem könnte er eine wich­tige Rolle bei den Prä­si­dent­schafts- und Par­la­ments­wah­len spielen. Eine Analyse von Ruslan Kermach.

Am 28. Januar 2019 kün­digte Swja­to­s­law Wakart­schuk, der berühm­teste ukrai­ni­sche Musiker und de-facto Hoff­nungs­trä­ger der libe­ra­len Maidan-Oppo­si­tion, an, nicht bei den Prä­si­dent­schafts­wah­len 2019 anzu­tre­ten. Damit been­dete der Sym­pa­thie­trä­ger eine länger andau­ernde Spe­ku­la­tion um seine mög­li­che Kan­di­da­tur. Doch welche Rolle kann Slawa, wie der pro­mo­vierte Phy­si­ker und Akti­vist von vielen in der Ukraine lie­be­voll genannt wird, im aktu­el­len Ringen um die Prä­si­dent­schaft einnehmen?

Portrait von Ruslan Kermach

Ruslan Kermach frei­be­ruf­li­cher poli­ti­scher Analyst und asso­zi­ier­ter Experte bei der Ilko Kuche­riv Demo­cra­tic Initia­ti­ves Foun­da­tion (DIF).

Wakart­schuk könnte trotz seiner Ent­schei­dung, nicht zu kan­di­die­ren, einen gewis­sen Ein­fluss auf das Kräf­te­ver­hält­nis zwi­schen den wich­ti­gen Kan­di­da­ten haben. Obwohl sich seine Umfra­ge­werte  im ver­gan­ge­nen Halb­jahr suk­zes­siv ver­rin­ger­ten, kann er mit Hilfe seine großen Popu­la­ri­tät, die auch auf seinen Wirken während der Organ­ge­nen Revo­lu­tion und der Revo­lu­tion der Würde zurück­geht, Ein­fluss auf den wei­te­ren Verlauf haben.

Wakart­schuk genießt nach wie vor ein hohes Maß an Aner­ken­nung und führt in Umfra­gen, wenn es um das öffent­li­che Ver­trauen in ukrai­ni­sche Poli­ti­ker geht. Außer­dem waren bei einer Umfrage des Inter­na­tio­nal Repu­bli­can Insti­tu­tes Umfrage min­des­tens 25 Prozent der ukrai­ni­schen Bürger positiv zu ihm eingestellt.

Enges Rennen zwi­schen den Kandidaten

Seit Herbst letzten Jahres führte Julia Tymo­schenko regel­mä­ßig in ver­schie­de­nen Umfra­gen. Letzt­end­lich deutete alles auf ein Kopf an Kopf Rennen zwi­schen Tymo­schenko und dem Amts­in­ha­ber Poro­schenko hin. Ende Januar über­nahm dann der Come­dian Wolo­dymyr Selen­skyj jedoch über­ra­schend die Führung in zwei seriö­sen Umfra­gen. In einer Umfrage der Rating­group führte Selen­sky mit 19 Prozent vor Tymo­schenko mit 18,2 und Poro­schenko mit 15,1 Prozent. In der zweiten seriö­sen Umfrage vom 31. Januar 2019 führte Selen­skyj sogar mit 17,3 Prozent vor Poro­schenko mit 12,3 und Tymo­schenko mit 11,8 Prozent.

Ange­sichts des engen Rennens könnte die Ent­schei­dung des kürz­lich noch als Geheim­fa­vo­ri­ten gehan­del­ten Swja­to­s­law Wakart­schuk, das Kräf­te­ver­hält­nis zwi­schen den Haupt­kon­kur­ren­ten ver­än­dern und die Chancen erhöhen, dass einer (oder mehrere von ihnen) in die zweite Runde der Prä­si­dent­schafts­wah­len einzieht.

Wem nutzt Wakart­schuks Ausscheiden?

Nach Ansicht einiger ukrai­ni­scher Exper­ten kann ein grö­ße­rer Teil der Stimmen von Wakart­schuk (etwa 40%) an einen anderen „nicht-poli­ti­schen“ Kan­di­da­ten über­ge­hen – also den Komiker Selen­skyj. Dies mani­fes­tiert sich dadurch, dass der Kan­di­dat Selen­skyj, ähnlich wie Wakart­schuk, von der Bevöl­ke­rung als ein neues Gesicht in der ukrai­ni­schen Politik wahr­ge­nom­men wird.

Ande­rer­seits ist es jedoch not­wen­dig, die Unter­schiede in der Wäh­ler­schaft der beiden oben genann­ten Kan­di­da­ten zu berück­sich­ti­gen. Betrach­tet man die regio­nale Ver­tei­lung der Unter­stüt­zung der beiden Polit­no­vi­zen, so wird deut­lich, dass sich die wich­tigste Unter­stüt­zungs­ba­sis für Wakart­schuk im Westen der Ukraine (haupt­säch­lich in der Region Haly­chyna) befin­det, während die stärkste Unter­stüt­zung für Selen­skyj über­wie­gend aus den eher rus­sisch­spra­chi­gen Regio­nen im Osten und Süden der Ukraine stammt.

In diesem Zusam­men­hang gibt es Grund zu der Annahme, dass die Nicht­teil­nahme von Wakart­schuk an den Prä­si­dent­schafts­wah­len auch zuguns­ten eines anderen Kan­di­da­ten wirken könnte, der gerade in den west­li­chen Regio­nen der Ukraine eben­falls eine hohe Unter­stüt­zung genießt: Das wäre Ana­to­lij Hryzenko.

Hry­zenko wurde kürz­lich vom Forum der Demo­kra­ti­schen Kräfte als Prä­si­dent­schafts­kan­di­dat nomi­niert und wird von einigen Abge­ord­ne­ten aus der infor­mel­len Gruppe der „Euro-Opti­mis­ten“ unter­stützt.

In Anbe­tracht der ideo­lo­gi­schen Nähe von Ana­to­liy Hry­zenko zu den Ansich­ten von Wakart­schuk ist es möglich, dass einige der poten­zi­el­len Stimmen des Zwei­te­ren in den Topf eines Kan­di­da­ten aus dem Lager der demo­kra­ti­schen Oppo­si­tion über­ge­hen würden.

Wakart­schuk weigert sich einen Kan­di­da­ten öffent­lich zu unterstützen

Aller­dings hätte eine öffent­li­che Unter­stüt­zung von Hry­zenko oder einem anderen demo­kra­ti­schen Kan­di­da­ten durch Wakart­schuk einen viel grö­ße­ren Effekt auf die Stär­kung ihrer Posi­tion gehabt. Darum hatten sich ins­be­son­dere einige pro­mi­nente Teil­neh­mer des Forums der Demo­kra­ti­schen Kräfte ver­ge­bens bemüht.

Die Unter­stüt­zung eines Kan­di­da­ten bei den kom­men­den Prä­si­dent­schafts­wah­len schloss Wakart­schuk jedoch während eines Inter­views im ukrai­ni­schen Fern­se­hen aus.

Ein poten­zi­el­ler Wähler von Swja­to­s­law Wakart­schuk ist nun gezwun­gen, sich für einen anderen akzep­ta­blen Kan­di­da­ten zu ent­schei­den. Das wahr­schein­lichste Sze­na­rio scheint das zu sein, in dem die Ent­schei­dung über die Nicht­teil­nahme an den Wahlen von Seiten Wakart­schuks sowohl die Wahl­po­si­tion von Wolo­dymyr Selen­skyj, als auch von Ana­to­liy Hry­zenko etwas stärken kann. Letz­te­rer liegt jedoch in allen Umfra­gen abge­schla­gen auf dem vierten oder fünften Platz und ihm werden aktuell kaum Chancen ein­ge­räumt, in die Stich­wahl einzuziehen.

Für Selen­sykj könnten die Wan­de­rung gerader junger poten­ti­el­ler Wakart­schuk-Wähler mög­li­cher­weise eine ent­schei­dende Rolle für die Errei­chung der zweiten Runde der Prä­si­dent­schafts­wah­len spielen.

Wakart­schuk blickt auf die Parlamentswahlen

Nicht zu ver­ges­sen ist auch, dass auf die Prä­si­dent­schafts­wah­len im März im Herbst 2019 Par­la­ments­wah­len folgen werden. Swja­to­s­law Wakart­schuk, der sich aus dem Prä­si­dent­schafts­wahl­kampf zurück­ge­zo­gen hat, hat bisher noch keine öffent­li­chen Erklä­run­gen zu seiner Teil­nahme oder Nicht­teil­nahme an den Par­la­ments­wah­len abge­ge­ben, was die Frage nach seiner Rolle in diesem Prozess grund­sätz­lich offenlässt.

Gleich­zei­tig deutete Wakart­schuk in seiner jüngs­ten öffent­li­chen Rede auf seine mög­li­che Teil­nahme an der bevor­ste­hen­den Wahlen zum Par­la­ment im Herbst 2019 hin und merkte an, dass er „nicht bei­seite treten“ und mit seinem Team „am Sieg der pro-Euro­päi­schen Kräfte“ arbei­ten werde.

Es ist bemer­kens­wert, dass nicht nur der bereits erwähnte Ana­to­liy Hry­zenko Inter­esse an einer Ver­ei­ni­gung des Lagers der demo­kra­ti­schen Oppo­si­tion für die Par­la­ments­wah­len bekun­det hat, sondern auch der der­zei­tige Bür­ger­meis­ter von Lwiw und der Vor­sit­zende der poli­ti­schen Partei „Samo­po­mitch“ (Selbst­hilfe) Andrij Sadowyj.

Offen­sicht­lich könnte eine poli­tisch neu­trale und makel­lose Figur wie Swja­to­s­law Wakart­schuk mög­li­cher­weise eine wich­tige Rolle bei der Ver­ei­ni­gung des Lagers der demo­kra­ti­schen Oppo­si­tion zu einer gemein­sa­men poli­ti­schen Partei oder Platt­form spielen. Diese würde es der Maidan-Oppo­si­tion und libe­ra­len Refor­mern ermög­li­chen mit einer gemein­sa­men Frak­tion ins Par­la­ment einzuziehen.

Sofern sich die libe­ra­len Kräfte zusam­men­schlie­ßen sollten, stehen ihnen die Türen weit offen.

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