Buchvorstellung: Reformprozess in der Ukraine 2014–2017
Seit der „Revolution der Würde“ hat die Ukraine immense Reformanstrengungen unternommen. Doch wie weit sind die Bemühungen gekommen? Das Buch „Reformprozess in der Ukraine 2014–2017“ gibt eine Bestandsaufnahme über die andauernden Bemühungen.
Seit 2014 ist in der Ukraine ein umfassender Modernisierungsprozess von Staat, Gesellschaft und Wirtschaft angelaufen. Aus der Ferne betrachtet wirkt dieser Reformprozess nicht selten unübersichtlich und bruchstückhaft.
Nachrichten über hart erkämpfte, bedeutende politische Durchbrüche in einem Bereich werden von politischen Querelen und dem Krieg im Donbas überschattet. Oft ist wegen der Unübersichtlichkeit der politischen Konstellationen und der in der Ukraine stark verankerten informellen Machtgefüge schwer nachzuvollziehen, wer die Akteure sind, die den Umbau der ukrainischen Gesellschaft vorantreiben bzw. nach Kräften blockieren.
Licht in dieses Dunkel zu bringen und einem deutschsprachigen Publikum zu erläutern, was sich in jüngster Zeit in der Ukraine innenpolitisch getan hat, versucht das Buch „Reformprozess in der Ukraine 2014–2017“, welches in der Reihe Soviet and Post-Soviet Politics and Society des ibidem Verlages (vertrieben durch Columbia University Press) erschienen ist.
Die vorliegende Monographie setzt sich mit dem 2014 begonnenen Reformprozess in der Ukraine auseinander und diskutiert dabei sowohl die politisch-ökonomischen Rahmenbedingungen als auch die vielfältigen Hindernisse, welche die Modernisierung von Staat, Wirtschaft und Gesellschaft des Landes erschweren. Neben einer überblicksartigen Einführung in die Grundlagen der Transformation in Osteuropa und einem Exkurs über die Ursachen für das Ausbleiben der Modernisierung in der Ukraine vor 2014 steht die Analyse des Reformprozesses selbst im Mittelpunkt. Hierzu wird eine Reihe von Reformagenden aus verschiedenen Blickwinkeln diskutiert mit den bisherigen Ergebnissen abgeglichen. So werden, vier Jahre nach dem Euromaidan, Erfolge und Rückschläge in allen zentralen Politikfeldern nachvollziehbar. Besprochen werden alle relevanten politischen Themen von der Reform von Justiz und Polizei, der Korruptionsbekämpfung sowie Neuerungen in Gesundheits- und Sozialpolitik. Auch auf Modernisierungen im Bereich von Bildungs- und Kulturpolitik wird näher eingegangen. Ein besonderes Augenmerk der Analyse liegt auch auf den Anliegen der Zivilgesellschaft sowie auf den Forderungen internationaler Akteure, die in ihrer Vielzahl ebenfalls eingehender dargestellt werden.
Der Text vermittelt so nicht nur ein umfassendes Bild von Komplexität und Langfristigkeit der einzelnen Prozesse, er ordnet auch die Ergebnisse der Reformbemühungen in allen wesentlichen politischen Fragen in ein Gesamtbild ein und erklärt den jeweils spezifisch ukrainischen Kontext, der vielen Beobachtern oft unverständlich bleibt. Wer unterstützt konkrete Reformschritte und warum? Wie werden die einzelnen Maßnahmen umgesetzt? Gibt es langfristige soziale Veränderungen, die sich unabhängig von der politischen Agenda vollziehen? Durch diese Herangehensweise wird verständlich, warum in einigen Bereichen signifikante Reformen möglich sind, während in anderen Fragen weitestgehend Stillstand herrscht. Abgerundet wird diese Bestandsaufnahme durch einen Überblick, wie andere maßgebliche internationale Akteure und Forscher den Reformfortschritt bewerten.
Den letzte Teil der Untersuchung des ukrainischen Reformprozesses stellt eine detaillierte Fallstudie der ersten Phase der begonnenen Reform der öffentlichen Verwaltung dar, in der die Schwierigkeiten bei der konkreten Umsetzung von Modernisierungsschritten nachgezeichnet werden.
Das Buch wendet sich an deutschsprachige politische Beobachter und Entscheidungsträger, Journalisten, Osteuropainteressierte und Wissenschaftler, die sich ein detailliertes Bild über den Stand des ukrainischen Reformprozesses machen und die vielfältigen Ursachen für dessen oft unvorhersehbaren Verlauf nachvollziehen möchten. Es versteht sich als Beitrag für ein besseres Verständnis des größten europäischen Flächenlandes, das seinen unumkehrbaren Weg nach Europa angetreten hat. Es ist die erste umfassende Monographie zu dieser Thematik in deutscher Sprache.
Der vorliegende Text spiegelt ausschließlich die persönlichen Sichtweisen des Autors, jedoch in keiner Weise die seines Arbeitgebers wider.
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