Reiseführer über die Ukraine erschienen. Das glückliche Ende einer unendlichen Geschichte
Ende März 2019 war es soweit: Der lang erwartete Reiseführer über die Ukraine ist erschienen. Damit konnte ein im Jahre 2011 begonnenes Mammutprojekt abgeschlossen werden. Von Peter Koller
Das ursprüngliche Erscheinen – damals noch mit einem drei-köpfigen Autorenteam, bestehend aus dem Politikwissenschaftler Björn Jungius und dem Osteuropaexperten Martin Kopetschke – war für März 2014 geplant, just in dem Moment, als das Massaker auf dem Kyjiwer Maiden seine Opfer forderte, die Krim-Annexion von Russland in einer Nacht- und Nebelaktion durchgezogen wurde und der Krieg im Donbas begann. Damit war für den Herausgeber klar: es herrscht Krieg. Ein Reiseführer kann in dieser politischen Situation nicht erscheinen. Das Projekt, das bereits tausende Stunden Arbeit gekostet hatte, war gestoppt.
Wiederaufnahme des Reiseführers
Erst im Jahre 2017 kam es beim Verlag zu einem Umdenken, das Projekt wurde erneut angegangen. Weite Teile mussten neu geschrieben werden, das umfangreiche Reisekapitel über die Krim wurde ersetzt durch einen Faktencheck und eine politische Einordnung der Vorgänge vom März 2014, selbiges geschah mit den Städten Donezk und Luhansk.
Doch auch sonst war seit 2014 zu viel geschehen, um das alte Manuskript eins zu eins übernehmen zu können. Straßennamen hatten sich geändert, Hotels- und Restaurants waren geschlossen worden, unzählige neue hatten eröffnet. Alle Preise mussten neu recherchiert werden.
Dieser Reiseführer ist mehr, als ein klassisches Reisehandbuch. Immer geht es auch um eine politisch-kontextuelle Einordnung der beschriebenen Orte und Regionen.
So ist eine Beschreibung des zentralukrainischen Dnipro kaum möglich, ohne auf die Rolle des Oligarchen Kolomojskyj einzugehen, muss in Lwiw der Kult um Stepan Bandera kritisch hinterfragt werden, darf in Charkiw nicht unerwähnt bleiben, dass die dort vorherrschende russische Sprache und Putins russische Welt nichts miteinander zu tun haben, wird mit Mythen um den 2. Mai 2014 in Odesa aufgeräumt. Nicht umsonst trägt das erwähnte Filmprojekt der Gruppe 2. Mai den Namen: „ohne Mythen“. Umfangreich ist auch ein Kapitel über Faschismus und Nationalismus in der Ukraine, bei der anhand der gängigen Faschismus-Definitionen die vielfach verbreitete Sichtweise, in der Post-Maidan-Ukraine seien faschistoide Kräfte am Ruder, widerlegt werden.
Auch an anderen Stellen werden immer wieder thematische, vertiefende Exkurse in die jeweiligen Reisekapitel eingestreut: das Minsker Abkommen und dessen bislang nicht erfolgte Umsetzung werden unter die Lupe genommen, das Leben im einstigen jüdischen Schtetl wird beleuchtet, die neue Geschichtspolitik wird kritisch hinterfragt. Die Rolle der Zivilgesellschaft nimmt eine wichtige Stellung innerhalb des Buches ein, und wo es thematisch passt werden Projekte und Errungenschaften zivilgesellschaftlicher Organisationen vorgestellt, während die offizielle ukrainische Politik nicht immer gut wegkommt.
Kurz: dieser Reiseführer ist auch als Reiselesebuch gedacht, welches wertet und im Einzelfall auch Partei ergreift, ohne die Mängel und Fehlentwicklungen der Post-Maidan-Ukraine zu ignorieren.
Überall werden Übernachtungsmöglichkeiten, Restaurants und Kneipen beschrieben. Breiten Raum nehmen die Anreise- und Fortbewegungsmöglichkeiten mit öffentlichem Verkehr ein.
Folgende regionale Kapitel werden beschrieben:
- Stadt Kyjiw
- das Zentrum und der Norden des Landes (Kyjiw, Tschernihiw, Sumy, Poltawa, Tscherkassy)
- Wolhynien und Polissia (Lutsk, Riwne, Schytomyr)
- Galizien und die Bukowina (Lwiw,Iwano-Frankiwsk, Ternopil, Czernowitz)
- Die Karpaten, inkl. Transkarpatien
- das östliche Podolien (Khmenytskyi, Winnyzja)
- das südukrainische Steppenland (Dnipro, Saporischschja, Kirowohrad, Cherson, Mykolajiw, Odessa)
- Die Ostukraine (Charkiv, Donezk, Luhansk)
- Die Krim
Dabei wird die Krim im Einklang mit den Beschlüssen der internationalen Gemeinschaft als derzeit russisch besetztes Territorium vorgestellt und explizit darauf verwiesen, dass jedwede Einreise auf die Krim via Russland eine Straftat darstellt und somit illegal ist.
Eine Besonderheit des Buches ist, dass explizit für die südlichen und östlichen Regionen die Bezeichnungen und Eigennamen in russischer Sprache aufgeführt sind, da dies der Realität vor Ort einfach besser entspricht. Gleichzeitig wird auf diese Art und Weise einem Ethnonationalismus westukrainischer Prägung eine klare Absage erteilt und eine Lanze für die politische Nation Ukraine gebrochen, in der – nach kanadischem oder Schweizer Vorbild – Sprache und Religion eine untergeordnete Rolle gegenüber einem modernen, integrativen politischen Nationenbegriff spielen.
Zusammengefasst: Dieses Buch wird Kontroversen auslösen, was vom Autor auch eindeutig so gewünscht ist. Ein echtes Buch, um die Ukraine zu verstehen und – im wahrsten Sinn des Wortes – erfahren zu können.
Das Buch ist im Handel, Onlinehandel und in der Bahnagentur Schöneberg (Crellestr.7, 10827 Berlin) zum Preis von 24,90 € erhältlich. Auch PDF wird das Buch geliefert, hierzu ist direkt der Verlag Reise Know How (www.reise-know-how.de) zu kontaktieren.
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