18. Mai 1944: Das Trauma der Deportation in der krimtatarischen Kultur
Die Vertreibung aus ihrer Heimat können Krimtataren nicht vergessen. Durch die Besetzung der Krim durch Russland wurde dieses Trauma noch vertieft. Filme und Lieder erinnern an die Deportation.
Der Umgang mit der Geschichte ist kein leichter, sondern oft ein sehr schmerzhafter Prozess – besonders im Fall eines kollektiven Traumas. Die Verarbeitung dieses Erbes erfordert viel Mut, Offenheit und Geduld.
Wenn man über die größten traumatischen Erfahrungen der Krimtataren nachdenkt, fällt das folgende Datum sofort auf: 18. Mai 1944.
Vom 18. bis zum 20. Mai 1944 wurde die Massendeportation des krimtatarischen Volkes aus seinem Heimatgebiet Krim durchgeführt. Über 200.000 Krimtataren wurden durch gewaltsame Maßnahmen der sowjetischen Truppen des Innenministeriums der UdSSR in Viehwaggons getrieben und unter unmenschlichen Bedingungen in entlegene Gegenden Zentralasiens, auch nach Sibirien und in den Ural verschleppt.
Das Trauma der Deportation, das durch die lange erträumte, aber sehr herausfordernde Rückkehr auf die Krim in den 1990er Jahren und durch die Besetzung der Halbinsel durch Russland im Jahr 2014 noch vertieft wurde, zieht sich bis heute wie ein roter Faden durch den Alltag der Krimtataren. Darüber hinaus setzt sich das Volk mit diesem tragischen Ereignis und dessen Folgen in allen Bereichen des öffentlichen Lebens auseinander – besonders gut ist das in der krimtatarischen Kultur mitzuerleben.
Hier ist ein kurzer Überblick über zeitgenössische Werke, die sich mit dem Thema Deportation beschäftigen:
Filme
- Spielfilm „Haytarma“ (2013, Regie Akhtem Seitablaev)
Haytarma ist der erste Krimtatarenfilm in voller Länge und der erste Spielfilm über die Deportation. Der Protagonist des Films – ein zweifacher Held der Sowjetunion, der Pilot Amet-Khan Sultan – kommt in seine Heimatstadt Alupka und erlebt dort die Tragödie der Deportation. Der Film bildet Szenen aus der Deportation nach. Hunderte Menschen haben an den Dreharbeiten teilgenommen haben, von denen viele die Deportation als Kinder überlebt haben.
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Mehr InformationenKompletter Film auf Russisch mit englischen Untertiteln
- Dokumentarfilm „ARZU | TRAUM “(2018, NGO “Krimhaus” / NGO„ Krimhaus in Lwiw “)
Der Film handelt von den gestohlenen Träumen der im Jahr 1944 deportierten Generation der Krimtataren und über die heutigen Kindheitsträume der neuen Generation der Krimtataren.
Das Video wurde im Rahmen des Kunstprojekts „Sürgün: Installation. Medien. Ereignis “ gedreht.
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Mehr InformationenKurzfilm mit russischen Untertiteln
- Spielfilm „Das Gebet eines anderen“ (2017, Regie Akhtem Seitablaev)
Die Geschichte, die auf realen Ereignissen basiert, erzählt von der Kindergärtnerin Saida Arifova. Während der deutschen Besetzung der Krim rettete Saide Arifova 87 jüdische Kinder vor dem bevorstehenden Tod, indem sie die Kinder für Krimtataren ausgab. Sie gibt jedem von ihnen einen krimtatarischen Namen und bringt ihnen muslimische Gebete bei. Diese Heldentat rettete die Protagonistin jedoch nicht vor der Deportation der Krimtataren durch die sowjetischen Armee.
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Mehr InformationenKompletter Film auf Ukrainisch, ohne Untertitel
- Dokumentarfilm „Mustafa“ (2016, Regie Ahmedi-Ernes Sarykhalil)
Die Geschichte der Krimtataren von der Deportation bis zur Besetzung durch Russland im Jahr 2014 wurde durch die Figur von Mustafa Dzhemilev, dem Leader der Krimtataren und Symbol der krimtatarischen nationalen Befreiungsbewegung, erzählt.
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Mehr InformationenKompletter Film auf Russisch mit englischen Untertiteln
Malerei
- Rustem Eminov
Rustem Eminov wurde am 13. April 1950 in Usbekistan geboren, wohin seine Familie deportiert wurde. Eminov ist Autor von mehr als 400 Gemälden und hat an mehr als 80 internationalen Ausstellungen teilgenommen.
Eines seiner bekanntesten Werke ist eine Gemäldeserie „Deportation“ (Krimtat. „Unutma“). Eminov visualisierte anhand von Gemälden, die auf den Erinnerungen der Überlebenden basieren, die Ereignisse dieser Zeit und die Tragödie der Krimtataren.
Die Bilder kann man sich anschauen auf der krimtatarischen Online-Zeitung AVDET.
Musik
- Shatur-Gudur
Shatur-Gudur ist eine ukrainische Punkrock-Band krimtatarischer Herkunft, deren Songtexte ausschließlich auf Krimtatarisch sind. Dadurch leisten sie ihren Beitrag, die Sprache und Kultur der Krimtataren nach Jahrzehnten der Unterdrückung und Zerstörungsversuchen wiederzubeleben.
Das Thema der Deportation liegt den Bandmitgliedern nah am Herzen, da ihre Familien die Deportation und die Rückkehr auf die Krim mit eigener Haut erlebt haben.
Im Lied “Kyysh93” geht es beispielsweise um die Schwierigkeiten der ersten krimtatarischen Repatriierten nach der Rückkehr auf die Krim in den 90er Jahren. Geldnot, Mangel an eigenem Wohnraum, unfruchtbare Steppengebiete der Krim, wo die Krimtataren angesiedelt wurden, Stigmatisierung wegen des von der Sowjetunion geschaffenen negativen Bildes des krimtatarischen Volkes in der Gesellschaft – dies alles stellte eine riesige Herausforderung für die Rückkehrenden und deren Reintegration auf der Halbinsel dar.
In dem Lied “Nemeleştık”, das über die Verse des krimtatarischen Dichters Shukri Appaz geschrieben wurde, reflektieren die Jungs aus Shatur-Gudur das Thema der Assimilation mit anderen Völkern, das für die Krimtataren wegen ihres langjährigen Lebens im Exil der direkter Weg zum Aussterben des Volkes ist.
Das ganze Album von Shatur-Gudur kann man hier hören:
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- Jamala
Jamala, eine ukrainische Sängerin krimtatarischer Herkunft, gewann mit dem Lied “1944“ den Eurovision Song Contest 2016 als Vertreterin der Ukraine. Das Lied widmete sie ihrer Urgroßmutter, die am 18. Mai 1944 mit fünf Kindern aus ihrem Haus in einem kleinen Dorf nach Kirgistan verschleppt wurde, und machte damit das sowjetische Verbrechen gegen die Krimtataren weltbekannt.
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Wenn Fremde kommen
Kommen sie zu eurem Haus
Sie töten euch alle
Und sagen
Wir tragen keine Schuld
Keine Schuld
Noch ein Lied von Jamala über die Deportation – “Schlyakh dodomy” (aus dem Ukrainischen – “Der Weg nach Hause”). Das ist ein musikalisches Geständnis über die Rückkehr zum eigenen Zuhause, zu den eigenen Wurzeln nach der langen, aufreibenden Reise, was die Rückkehr der Krimtataren aus dem Exil symbolisiert. Das Lied wurde am 18. Mai 2015 zum Jahrestag der Deportation veröffentlicht.
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Wie wir sehen, lebt die Erinnerung an den Heimatverlust, an den Kampf für die Wahrung der nationalen Identität in den nachkommenden Generationen weiter. Die Erinnerung verfliegt nicht. Doch bleibt die Auseinandersetzung mit der Vergangenheit das wichtigste Mittel, um auf der Basis eines traumatischen Erbes neue Spielräume eröffnen zu können.
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