Runder Tisch in Kyjiw: Ukrainische und internationale Experten diskutierten über CO2-Besteuerung
Am Mittwoch, 21. Juli, fand in Kyjiw ein Runder Tisch zum Thema „Auf dem Weg zur CO2-Neutralität der Ukraine: Verbesserung der Ansätze zur CO2-Besteuerung“ statt. Die Veranstaltung wurde von der Kyjiwer East Europe Foundation und dem Zentrum Liberale Moderne (Berlin) initiiert, die das vom Auswärtigen Amt geförderte Projekt „Ukraine in Europa: Parlamentarische Dimension“ gemeinsam umsetzen.
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Mitorganisiert wurde der Runde Tisch von den Ausschüssen für Finanz‑, Steuer- und Zollpolitik und für die Integration der Ukraine in die Europäische Union des ukrainischen Parlaments, der Werchowna Rada. Die Veranstaltung wurde von Oleksii Riabchyn moderiert, der Berater des Vorstandsvorsitzenden von Naftogaz Ukraine für die Entwicklung kohlenstoffarmer Unternehmen und den European Green Deal ist.
Zur Begrüßung erklärte Marieluise Beck, Direktorin für Osteuropa des Zentrums Liberale Moderne, dass eine Dekarbonisierungspolitik wichtig ist, um einen verheerenden Klimawandel zu vermeiden. Der Präsident der East Europe Foundation, Viktor Liakh, betonte, dass diese Themen jeden betreffen. Daher sei es besonders wichtig, dass am Runden Tisch alle Stakeholder beteiligt waren – Regierungsvertreter und Abgeordnete sowie Vertreter aus Wissenschaft und Wirtschaft.
Folgende Themen wurden diskutiert:
- Wie funktioniert das CO2-Preissystem in der EU, insbesondere in Deutschland?
- Wie kann die CO2-Steuer der Ukraine reformiert werden?
- Wie ist die Position verschiedener Stakeholder in Wirtschaft und Politik?
Die Hauptredner waren:
- Carolin Schenuit (Geschäftsführerin, Forum Umwelt und Soziale Marktwirtschaft), die ausführlich über die deutschen Erfahrungen in diesem Bereich sprach;
- Nadiia Nowytska (Ph.D., Leiterin der Forschungsabteilung für Verbrauchsteuern des Forschungsinstituts für Steuerpolitik der Universität des Staatlichen Steuerdienstes der Ukraine), die die Studie „Möglichkeiten zur Verbesserung der Steuer auf Kohlendioxidemissionen in Ukraine“ vorstellte.
Die Rada-Abgeordnete Nina Juschanina von der Partei Europäische Solidarität betonte, das Ziel sei nicht, Steuern zu erhöhen, sondern Emissionen zu senken. Daher müsse das Problem umfassend gelöst werden. Emissionen müssten korrekt berechnet werden ((1), man brauche ein Landesprogramm für fossile Brennstoffe (2), sowie eine klare Strategie für erneuerbare Energien (3). Juschanina betonte, dass ohne eine gezielte Verwendung von Mitteln das Vertrauen der Steuerzahler untergraben werde. Daher sei es wichtig, dass die CO2-Abgaben für den Umweltschutz eingesetzt werden.
Die Regierungsposition wurde von der stellvertretenden Umweltministerin Iryna Stawtschuk vorgestellt. Sie betonte, dass mit der Dekarbonisierung Bedingungen geschaffen werden sollten, unter denen es teurer ist, für Emissionen zu bezahlen als zu modernisieren. Auch sprach sie über Pläne, einen Klimafonds einzurichten.
Serhii Maslitschenko, ein Regierungsberater für Klimafinanzierung und früherer stellvertretender Energieminister, sagte, dass der Erfolg der Klimapolitik von ihrer Akzeptanz abhängt. Allen Beteiligten müsse klar sein, wie die dafür vorgesehenen Steuermittel ausgegeben werden.
Oleksandr Schumskyi, Abteilungleiter beim Staatlichen Steuerdienst, betonte, das Hauptproblem sei nicht, den Steuersatz zu erhöhen, sondern die Verwaltung zu verbessern. Derzeit gehen deshalb seinen Schätzungen zufolge bis zu 60 % der Einnahmen verloren. Eine Verwaltungsreform könne die Einnahmen aus der Umweltsteuer bei konstantem Satz um das 2,5‑Fache erhöhen.
Die Sicht der Wirtschaft wurde von Olha Boiko vom Ausschuss Industrieökologie und nachhaltige Entwicklung der European Business Association vorgestellt. Sie betonte, dass für die Wirtschaft drei Komponenten von Steuererhöhungen wichtig seien: Vorhersehbarkeit, zeitliche Abstufung und gezielter Einsatz für Klimaschutzmaßnahmen. Auch stellte sie fest, dass Energie-(Umwelt-)Steuern und das Emissionshandelssystem nebeneinander existieren könnten.
Tamara Burenko, Abteilungsleiterin bei der staatlichen Energieeffizienzagentur, forderte, dass Dekarbonisierung nicht mit Umweltschutz und Energieeffizienz nicht mit Energieeinsparung verwechselt werden dürften. Steuern dienten im Allgemeinen nur der Energieeinsparung, und die Energieeffizienz muss weiter gefördert werden. Auch betonte sie die Beibehaltung des Verursacherprinzips.
Oleksandr Diatschuk vom Institut für Wirtschaft und Prognosen der Nationalen Akademie der Wissenschaften der Ukraine, warb für mehr Fairness: Die Hauptsteuerlast solle nicht auf die Bevölkerung abgewälzt werden, während große Industrieproduzenten und landwirtschaftliche Betriebe sich um Steuerzahlungen drücken.
Zum Abschluss konstatierte Marieluise Beck:
Gespräche wie dieses Beweisen einmal mehr, dass die Ukraine nicht einfach Teil Europas werden will, die Ukraine ist es bereits.
Die Veranstaltung war Teil des Projekts „Ukraine in Europa: Parlamentarische Dimension“, das von der East Europe Foundation in Kooperation mit dem Zentrum für Liberale Moderne (Berlin) durchgeführt und vom Auswärtigen Amt gefördert wird.
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