Halyna Jantschenko: Gesicht der neuen Generation
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Die 35-jährige Parlamentsabgeordnete Halyna Jantschenko ist nicht nur eine prominente Wirtschaftspolitikerin, sondern auch Co-Vorsitzende der Deutsch-Ukrainischen Parlamentariergruppe. Sie gehört zu den Shootingstars der ukrainischen Politik und hat in der Korruptionsbekämpfung bereits eine Reihe von Erfolgen erzielt.
Mit ihren 35 Jahren gehört Halyna Jantschenko, Abgeordnete der Partei „Diener des Volkes“ und Co-Vorsitzende der Deutsch-Ukrainischen Parlamentariergruppe, zu den jüngsten Gesichtern der ukrainischen Politik. Doch Jantschenko, die ursprünglich aus der Großstadt Schytomyr stammt, ist bereits seit 2008 politisch aktiv. Damals gründete sie in Kyjiw, wo sie Soziologie an der Kyjiw-Mohyla-Akademie und Rechtswissenschaften an der Schewtschenko-Universität studierte, den Kyjiwer Ableger der Organisation „Demokratische Allianz“. Aus dieser ambitionierten Organisation entstand 2010 unter gleichem Namen eine christlich-demokratische Kleinpartei, zu deren Führung Jantschenko gehörte.
Ganz groß wurde die „Demokratische Allianz“ nie. Doch gerade bei der jüngeren Wählerschaft, auch und vor allem bei Studierenden, war und ist die Partei in großen Städten beliebt. Insofern überrascht es nicht, dass sowohl die „Demokratische Allianz“ als auch Halyna Jantschenko aktiv an der Maidan-Revolution 2013/2014 beteiligt waren.
Vom hohen Blutzoll des Maidan
Für die heute 35-Jährige hat der Maidan eine ganz persönliche tragische Seite: Zwei ihrer engen Freunde, Ustym Holodnjuk und Andrij Mowtschan, kamen während der Revolution ums Leben und gehören damit zur sogenannten Himmlischen Hundertschaft. „Einerseits bin ich stolz auf unser Volk, das den korrupten Präsidenten Janukowytsch aus dem Land vertrieben und das Recht der Ukraine auf einen europäischen Weg verteidigt hat“, wird sie von der Zeitung der Werchowna Rada Golos Ukrajiny zitiert. „Andererseits verspüre ich Schmerz und Trauer, denn der Maidan endete tragisch. Wir haben unser Recht auf eine europäische Zukunft mit Blut bezahlt.“
Jantschenko formulierte nach dem Maidan für sich eine Mission: jene Ziele zu erreichen, die sich ihre Freunde gesetzt hatten. „Dazu gehört auch der Kampf gegen Korruption, um das alte System endgültig zu brechen. Und auch die Durchführung von Reformen für das Wachstum der ukrainischen Wirtschaft sowie für die Erhöhung des Lebensstandards“, betont die Politikerin, die sich in der Werchowna Rada abgesehen von den deutsch-ukrainischen Beziehungen vor allem mit Wirtschaftsfragen und Korruptionsbekämpfung beschäftigt.
„Wir alle wollen so gut leben wie im übrigen Europa“
Jantschenko ist Mitglied des Wirtschaftsausschusses der Werchowna Rada, gehört zum Nationalen Rat für Antikorruptionspolitik, fungiert als Vorsitzende der Parlamentarischen Sonderkommission für Investorenschutz und ist Sekretärin des Nationalen Investitionsrates, dem Präsident Wolodymyr Selenskyj vorsteht. „Der Maidan wird nicht umsonst als Revolution der Würde bezeichnet“, sagt Jantschenko. „Wir alle wollen so gut leben wie [im übrigen] Europa – und müssen jeden Tag daran arbeiten, dieses Europa in der Ukraine aufzubauen.“
Zunächst wurde Jantschenko 2014 für die „Demokratische Allianz“ in den Kyjiwer Stadtrat gewählt. Dort kämpfte sie vor allem gegen illegale Bebauung – und brachte die Antikorruptionspolitik voran. So gründete sie die zivile Initiative „Antikorruptionsstab Kyjiws“, die Unregelmäßigkeiten in den kommunalen Ausgaben der Stadt beobachtete.
Jantschenkos Themen: Antikorruption und Digitalisierung
Vor der Präsidentschaftswahl 2019, bei der Selenskyj gewann, fungierte Jantschenko außerdem als Chefin des Öffentlichen Kontrollrats des Nationalen Antikorruptionsbüros. Sie wurde Teil von Selenskyjs Wahlkampfteam und war dort sowohl für Antikorruptionsfragen als auch für den Bereich Digitalisierung verantwortlich. So hatte sie im Januar 2019 die ursprüngliche Idee für eine staatliche Dienstleistungs-App. Daraus ist die beliebte App „Dija“ (Aktion) entstanden, deren Entwicklung das Digitalministerium unter der Führung von Mychajlo Fedorow verantwortete.
„Dija“ macht es nicht nur möglich, die unterschiedlichsten offiziellen Dokumente digital an einem Ort zu bündeln. Mit der App können auch binnen weniger Minuten Steuern oder Strafzahlungen beglichen werden, es können Kleinunternehmen eingetragen und Spendenzahlungen für die Armee getätigt werden.
„Deutschland-Erklärerin“ und Verfechterin ukrainischer Interessen
Jantschenko zählt heute zu den prominenteren Mitgliedern der Partei „Diener des Volkes“. Allerdings kündigte sie im Dezember 2022 ihren Parteiaustritt an, nachdem sich Parteichefin Olena Schuljak in einem Krankenhaus unangemessen gegenüber einem verwundeten ukrainischen Soldaten verhalten hatte, der einen ihrer Gesetzesentwürfe kritisiert hatte. Nach Angaben von Schuljak wurde die Austrittserklärung der prominenten Parlamentarierin dem Parteisekretariat jedoch nie vorgelegt.
In der Ukraine übernimmt Jantschenko als Co-Vorsitzende der Deutsch-Ukrainischen Parlamentariergruppe oft die Rolle der „Deutschland-Erklärerin“ – und muss schwierige Fragen wie nach den Lieferungen von Leopard-Kampfpanzern oder Taurus-Marschflugkörpern kompetent darstellen und beantworten. Im Ausland ist Jantschenko, die gut Englisch spricht, dagegen jemand, der sich medial aktiv für die Interessen der Ukraine einsetzt. „Jahrzehntelang gab das Aggressorland Milliarden Dollar aus, um die Welt von seiner Unbesiegbarkeit zu überzeugen“, schreibt sie in einem Gastbeitrag für die ukrainische Forbes. „Unsere Aufgabe besteht nun darin, alle Entscheidungsträger in der Welt davon zu überzeugen, dass die Ukraine standhalten und gewinnen wird.“
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