Wirtschaftliche Integration der Ukraine in die EU: Was wurde erreicht – was steht noch aus?
Bei der Umsetzung des Assoziierungsabkommens der Ukraine mit der EU gibt es noch viel zu tun. Künftige Fortschritte hängen sowohl von Kyjiw als auch von Brüssel ab. Das ist das Ergebnis einer Studie, die wir bei einer Online-Diskussion vorgestellt haben.
Eine englische Kurzfassung der Studie sowie die Präsentation auf Deutsch können hier abgerufen werden. Ein Video der Veranstaltung wird in Kürze auf unserem YouTube-Kanal verfügbar sein.
Trotz der umfangreichen Arbeit, die die Ukraine auf dem Weg zur wirtschaftlichen Integration mit der EU geleistet hat, und trotz Erfolgen in einigen Märkten gibt es nach wie vor in keinem Bereich vollständige Integration. Weitere Fortschritte hängen von den Bemühungen der Ukraine ab, sowie von der Bereitschaft der EU, das Erreichte regelmäßig zu überprüfen und die Integration voranzutreiben.
Dies ist das Ergebnis der Studie „Integration im Kontext der Assoziation: Umsetzungsdynamik des EU-Ukraine-Abkommens“, die das Kyjiwer Institut für Wirtschaftsforschung und Politikberatung, die DiXi Group, das Lwiwer Zentrum „Gesellschaft und Umwelt” und die International Renaissance Foundation gemeinsam durchgeführt haben. Es handelt sich bereits um die vierte Studie dieser Art, die den aktuellen Stand der Umsetzung des Assoziierungsabkommens (AA) im Bereich Binnenmarktintegration bewertet. Die Studie beleuchtet auch den Modernisierungsbedarf des Assoziierungsabkommens und zusätzliche Integrationsmöglichkeiten.
Die Leitfragen waren:
- Gesamtbewertung der Fortschritte der Ukraine auf dem Weg zum EU-Binnenmarkt: die wichtigsten Erfolge und Herausforderungen
- Modernisierungsbedarf des Assoziierungsabkommens und Integrationsmöglichkeiten, die im AA nicht vorgesehen sind
- Energiereformen: Fortschritte auf dem Gas- und Strommarkt
- Integrationsmöglichkeiten für verschiedene Verkehrssektoren: Was wurde bereits getan und was muss noch getan werden?
- Europäischer Green Deal und das Assoziierungsabkommen: Was sind die Kooperationschancen?
Veronika Movchan, Forschungsdirektorin des Instituts für Wirtschaftsforschung und Politikberatung, Kyijw:
Movchan zeigte in ihrer Präsentation, dass deutliche Fortschritte nur in zwei der 15 analysierten Sektoren gemacht wurden – bei den sanitären und phytosanitären Maßnahmen (Anerkennung der Gleichwertigkeit für die Saatgutzertifizierung) sowie Erdgas. Sie betonte, dass für weitere Fortschritte regelmäßige Beratungen zwischen der EU und der Ukraine sowie Überprüfungen der verabschiedeten Rechtsvorschriften seitens der EU nötig seien. Es gehe darum, die Ukraine ausreichend bei der Harmonisierung seiner Rechtsvorschriften zu begleiten, aber auch darum das Assoziierungsabkommen vor dem Hintergrund globaler Veränderungen wie dem europäischen Green Deal, dynamisch zu modernisieren/ anzupassen und nach zusätzlichen Möglichkeiten zur Vertiefung der Integration zu suchen.
Dr. Julia Langbein, Leiterin des Forschungsschwerpunkts Politische Ökonomie und Integration, ZoiS:
Dr Langbein betonte, dass es wichtig sei, genau zu prüfen, wer von Integration in welchen Sektoren profitiert und wer doch vernachlässigt wird. Genauso wichtig sei es, zu verstehen, wer von fehlenden Reformen profitiere und deshalb am Status quo festhalten wolle. Für Länder wie die Ukraine, wo Großunternehmen oft privilegierten Zugang zu politischen Eliten haben, könne Freihandel dazu führen, dass diese Unternehmen ihre exklusive Marktposition stärken. Es sei deshalb wichtig, Strategien zu entwickeln, damit bei Handelsliberalisierungen kleine und mittlere Unternehmen besonders gefördert würden.
Dmytro Shulga, Direktor des europäischen Programms der International Renaissance Foundation, Kyijw:
Shulga betonte die Diskrepanz zwischen den Erwartungen seitens der Ukraine und der Bereitschaft der EU, ihre Märkte weiter zu öffnen. Er meinte, dass sich die Ukraine gerne in bestimmten Bereichen schneller an die EU annähern wolle, hier fehle es aber an Entgegenkommen seitens der EU. Beide Seiten sollten sich auf das Potenzial des Assoziierungsabkommens konzentrieren, das bei weitem nicht ausgenutzt sei.
Marcus Lippold, Team Leader, Green Deal, Energy, Environment, Agriculture, Transport in der EU Support Group for Ukraine in der Europäischen Kommission.
Lippold betonte, dass sich die EU sehr viel Mühe gebe um die Ukraine zu unterstützen – mit finanziellen Ressourcen, Beratung und weitern Maßnahmen. Seitens der Ukraine sei es wichtig auch entsprechende Bedingungen zu schaffen, wie Rechtstaatlichkeit, Reform der Staatsunternehmen und weitere Reformen, die Umfeld für offene und transparente Wettbewerb bieten. Die EU arbeite auch daran, um für die Ukraine weitere attraktive Angebote zu machen, die den Reformprozess voran treiben und unterschiedliche Akteure im Land unterstützen.
Marieluise Beck, Direktorin für Ostmittel- und Osteuropa im Zentrum Liberale Moderne und Moderatorin der Diskussion
Beck betonte, dass es wichtig sei, zwischen den Interessen des Staates, der Unternehmen und der Menschen zu unterscheiden und genau zu schauen, welche Vor- und Nachteile wer von welchen Integrationsmöglichkeiten hat. Es sei auch wichtig, dem breiten Publikum in der Ukraine und der EU zu erklären, was wirtschaftliche Integration zwischen der EU und der Ukraine bringt und dafür das Bewusstsein zu schärfen.
Die Veranstaltung wurde vom Auswärtigen Amt unterstützt und in Zusammenarbeit mit dem Institut für Wirtschaftsforschung und Politikberatung (Kyjiw) und International Renaissance Foundation (Kyjiw) organisiert.
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