Ukraine Insights Bericht 1

Am 25. März 2021 hielt LibMod die erste Sitzung seiner infor­mel­len Dis­kus­si­ons­reihe Ukraine Insights ab. Diese Reihe baut auf den Ukraine Lunch-Time Advo­cacy Talks auf, die von LibMod in den Jahren 2019 und 2020 orga­ni­siert wurden.

Ukraine Insights bringt regel­mä­ßig eine kleine Gruppe von Regie­rungs­ver­tre­tern, Thinktank-Exper­ten und Prak­ti­kern in Berlin und außer­halb zusam­men. Dieses Format dient als infor­melle Platt­form für die ver­tiefte Dis­kus­sion von Ent­wick­lun­gen in der Ukraine, die Iden­ti­fi­zie­rung zukünf­ti­ger Trends und den Mei­nungs­aus­tausch über poli­ti­sche Optio­nen der EU und Deutsch­lands der Ukraine gegen­über. Dabei soll ein breites Spek­trum an Themen abge­deckt werden, dar­un­ter die ukrai­ni­sche Par­tei­po­li­tik, for­melle und infor­melle Ent­schei­dungs­fin­dung, der Reform­pro­zess in ver­schie­de­nen Poli­tik­be­rei­chen und die Bezie­hun­gen der Ukraine zu ihren inter­na­tio­na­len Part­nern. Alle Dis­kus­sio­nen finden unter der Chatham House Rule statt.

In der ersten Sitzung wurde eine Bestands­auf­nahme der reform­freu­di­gen und reform­feind­li­chen Kräfte im ukrai­ni­schen Par­la­ment (Wer­chowna Rada) vor­ge­nom­men. Die poli­ti­sche Frak­tion von Prä­si­dent Selen­skyj „Der Diener des Volkes“ ist kein Mono­lith und hat de facto die für die Ver­ab­schie­dung von Geset­zen not­wen­dige Mehr­heit ver­lo­ren. Sie wird auch von Olig­ar­chen beein­flusst, die eine Anti-Reform-Agenda fördern. Die zweit­größte Frak­tion der Wer­chowna Rada, die Partei „Oppo­si­ti­ons­platt­form – für das Leben“, ist offen pro­rus­sisch und hat sich schein­bar mit olig­ar­chi­schen Gruppen zusam­men­ge­tan, um die Refor­men zu unter­gra­ben. Welche Kräfte gibt es in der Wer­chowna Rada, die Refor­men fördern? Wie groß ist die Kon­so­li­die­rungs­fä­hig­keit des reform­freund­li­chen und des reform­feind­li­chen Flügels der Wer­chowna Rada und wie groß ist ihre rela­tive poli­ti­sche Macht? Was können die west­li­chen Partner der Ukraine tun, um reform­ori­en­tierte Kräfte weiter zu unter­stüt­zen? Dies sind die Fragen, die wir während des Tref­fens dis­ku­tiert haben.

In der Dis­kus­sion wurden zwei ver­schie­dene Koali­tio­nen in der Wer­chowna Rada iden­ti­fi­ziert. Die eine ist die Koali­tion, die tat­säch­lich Refor­men fördert und pro-euro­pä­isch ist. Dazu gehören der reform­ori­en­tierte Flügel des „Dieners des Volkes“, die „Holos“-Fraktion und manch­mal die Abge­ord­ne­ten der „Euro­päi­schen Solidarität“-Fraktion des ehe­ma­li­gen Prä­si­den­ten Petro Poro­schenko. Es gibt auch eine andere Art der Koali­tion, die Stimmen im Aus­tausch für finan­zi­elle Vorteile/​Anreize sammelt. Zu dieser Koali­tion gehören ein Teil des „Dieners des Volkes“ mit olig­ar­chi­scher Unter­stüt­zung und die par­la­men­ta­ri­schen Gruppen „Für die Zukunft“ und „Dovira“. Die Frak­tion „Oppo­si­ti­ons­platt­form – für das Leben“ gehört eben­falls zu diesem Flügel. Doch die tat­säch­li­che Abstim­mung in der Rada spie­gelt diese Auf­tei­lung nur manch­mal wider. Im Großen und Ganzen ent­schei­det das Prä­si­di­al­amt über die zu ver­ab­schie­den­den Geset­zes­vor­la­gen, und dazu sind Stimmen aus ver­schie­de­nen Lagern will­kom­men. Bisher ist es Zel­en­sky gelun­gen, Stimmen (mit wenigen Aus­nah­men) für die Initia­ti­ven zu bekom­men, die für ihn ent­schei­dend waren. Ange­sichts dessen besteht keine Not­wen­dig­keit für eine formale inter­frak­tio­nelle Koali­tion, auch wenn dem „Diener des Volkes“ allein die eigenen Stimmen gefehlt haben.

Die Eröff­nungs­rede während des Tref­fens hielten Jaros­law Jurtschyn, stell­ver­tre­ten­der Vor­sit­zen­der der Partei „Holos“ und erster stell­ver­tre­ten­der Vor­sit­zen­der des Aus­schus­ses der Wer­chowna Rada für Anti­kor­rup­ti­ons­po­li­tik, Dr. Kateryna Schyn­ka­ruk, ehe­ma­lige lei­tende lokale Exper­tin für par­la­men­ta­ri­sche Ange­le­gen­hei­ten der US-Bot­schaft in der Ukraine und Jean P. Froehly, Leiter der Task Force Ukraine im Aus­wär­ti­gen Amt.

Diese Initia­tive wird durch die Unter­stüt­zung des Aus­wär­ti­gen Amtes ermöglicht.

Das nächste Treffen der Ukraine Insights ist für Mai 2021 geplant und wird sich auf die Straf­ver­fol­gung der Mit­ar­bei­ter des Janu­ko­witsch-Regimes kon­zen­trie­ren, die von den Sank­tio­nen der Euro­päi­schen Union betrof­fen sind, sowie auf die­je­ni­gen, die während der Revo­lu­tion der Würde Ver­bre­chen began­gen haben.

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