„Keine ‚Kata­stro­phe‘ in Alaska“

Foto: IMAGO /​ ZUMA Press Wire

Pres­se­schau 5. bis 19. August 2025:
Bringt Trump den Frieden näher? +++ Front­li­nie unter immer grö­ße­rem Druck +++ Anar­chist im Schüt­zen­gra­ben: Der Tod von David Chichkan

Bringt Trump den Frieden näher?

Am ver­gan­ge­nen Freitag traf Donald Trump in Alaska auf Wla­di­mir Putin und been­dete damit fak­tisch dessen diplo­ma­ti­sche Iso­la­tion seit Beginn des Angriffs­krie­ges. Am Montag folgten im Weißen Haus Gesprä­che mit Wolo­dymyr Selen­skyj, Fried­rich Merz, Ursula von der Leyen und wei­te­ren euro­päi­schen Spit­zen­po­li­ti­ke­rin­nen und ‑poli­ti­kern. In den ukrai­ni­schen Medien domi­niert das diplo­ma­ti­sche Stroh­feuer die Schlagzeilen.

„Keine ‚Kata­stro­phe‘ in Alaska“

Das Treffen in Alaska – samt rotem Teppich und Trumps Auf­wei­chen seiner bis­he­ri­gen Posi­tion, wonach ein sofor­ti­ger Waf­fen­still­stand Vor­aus­set­zung für Frie­dens­ge­sprä­che sei – wurde in den USA weit­ge­hend als Fehl­schlag gesehen. Die mit der Ukra­jinska Prawda ver­bun­dene Jew­ro­pe­jska Prawda erkennt darin hin­ge­gen einen mög­li­chen Lichtblick:

„Es gab keine ‚Kata­stro­phe‘ in Alaska. Die end­gül­ti­gen Kon­tu­ren des Frie­dens­ab­kom­mens, das die Welt Putin anbie­ten (oder auf­zwin­gen) wird, stehen noch nicht fest. […] In den Tagen seit seinem Treffen mit Putin ist der US-Prä­si­dent im eigenen Land unter erheb­li­chen Druck geraten. Donald Trumps Vor­ge­hen in Alaska wurde scharf kri­ti­siert. Selbst aus­ge­spro­chene Pro-Trump-Medien sagen, der Prä­si­dent habe diese Runde gegen Putin ver­lo­ren, […] habe seine eigenen Ver­spre­chen gebro­chen und […] müsse zu mehr Druck auf Russ­land über­ge­hen. Am Sonntag sah sich die US-Regie­rung gezwun­gen, Kri­sen­er­klä­run­gen abzu­ge­ben. Doch es sieht nicht so aus, als hätten diese das Problem gelöst. All dies – zusam­men mit der Unter­stüt­zung Europas – könnte der Ukraine helfen, auch wenn der Erfolg nicht garan­tiert ist.“

„Selen­skyj lernt den Umgang mit Trump“

Das Treffen zwi­schen Selen­skyj und Trump im Weißen Haus verlief in deut­lich gelös­te­rer Atmo­sphäre als jenes vom 28. Februar, das nach einem Eklat abrupt endete. Das habe auch an Selen­skyjs bewusst ein­ge­setz­tem Charme gelegen, schreibt Liga:

„Diesmal gab es trotz all­ge­mei­ner Vor­sicht keine Skan­dale im Oval Office.

‚Selen­skyj war offen­sicht­lich gut vor­be­rei­tet und hatte seine Lek­tio­nen im Umgang mit Trump gelernt: Er lobte ihn, dankte ihm, trug fast [so etwas wie] einen Anzug und vermied schwie­rige, pro­vo­ka­tive Fragen. Diesmal trat er ruhig und sou­ve­rän auf‘, sagte Jacob Funk Kir­ke­gaard, Senior Fellow beim [Brüs­se­ler Wirt­schafts-Think-Tank] Bruegel […].

Das Treffen sei gut ver­lau­fen und hätte gehol­fen, die Wogen nach Trumps Begeg­nung mit dem rus­si­schen Dik­ta­tor in Alaska zu glätten, bestä­tigte Jana Kobzova, Senior Policy Fellow beim Euro­pean Council on Foreign Rela­ti­ons (ECFR) […]. Aller­dings brachte es keine Klar­heit darüber, wie ein mög­li­ches Frie­dens­ab­kom­men aus­se­hen könnte.“

„Ent­täu­schung statt Hoffnung“

Auch The Kyiv Inde­pen­dent kon­sta­tiert, das Treffen im Weißen Haus habe kaum greif­bare Resul­tate gebracht. In einem Beitrag mit dem Titel „Warme Worte, dünne Ergeb­nisse“ heißt es:

„Für einige Ukrai­ne­rin­nen und Ukrai­ner war das Ergeb­nis des Tref­fens – oder viel­mehr das Aus­blei­ben eines Ergeb­nis­ses – eher eine Quelle tiefer Ent­täu­schung als der Hoffnung.

‚Die Tat­sa­che, dass so viele euro­päi­sche Staats- und Regie­rungs­chefs kurz­fris­tig dabei waren, spricht Bände‘, sagte Olena Halushka, Mit­grün­de­rin des Inter­na­tio­nal Center for Ukrai­nian Victory [einem Zusam­men­schluss ukrai­ni­scher NGOs]. ‚Aber die Partner der Ukraine agieren wei­ter­hin nach Bedin­gun­gen, die Russ­land dik­tiert. Sie ver­mei­den es, von einer Nie­der­lage Russ­lands zu spre­chen, während sich die schmerz­haf­ten Zuge­ständ­nisse immer nur darauf bezie­hen, was die Ukraine auf­ge­ben müsse. Anstelle echter Garan­tien werden vage Alter­na­ti­ven erfun­den, während die Mit­glied­schaft in der NATO tabu bleibt.‘

‚Weitere Gip­fel­tref­fen mit Putin werden den Krieg nicht beenden. Das wird nur pas­sie­ren, wenn die Ukraine bis an die Zähne bewaff­net und die rus­si­sche Kriegs­ma­schi­ne­rie zer­schla­gen wird‘, fügte sie hinzu.“

„Putin in der­sel­ben Falle wie Selenskyj“

Dennoch sehen manche auch Posi­ti­ves in den beiden Spit­zen­tref­fen. So gerate Putin in der Frage eines direk­ten Tref­fens mit Selen­skyj zuneh­mend in die Enge, was er mit aller Macht zu ver­mei­den ver­sucht habe, schreibt NV:

„Putin war über­zeugt davon, Selen­skyj in Alaska in eine Zwick­mühle gebracht zu haben, als er sich ‚mit einem Gebiets­tausch ein­ver­stan­den erklärte‘: Wenn Selen­skyj zustimmte, würde er eine riesige Super­fes­tung im Donbas ver­lie­ren – das Fun­da­ment und Rück­grat der gesam­ten ukrai­ni­schen Ver­tei­di­gung. Lehnte er ab, würde er Trump ver­är­gern und ihn gegen sich aufbringen.

Doch nun ist Putin selbst in genau diese Falle geraten.

Trump ist […] absolut über­zeugt davon, Putin habe ihm zuge­sagt, inner­halb der nächs­ten zehn Tage Gesprä­che mit Selen­skyj zu führen. Putin wird an solchen Ver­hand­lun­gen natür­lich niemals teil­neh­men: Er fürch­tet tat­säch­lich um sein Leben. Jetzt muss er [direkte Gesprä­che mit Selen­skyj] also ent­we­der ableh­nen und damit sein Ver­hält­nis zu Trump ver­der­ben – oder [er muss ihnen] zustim­men, womit er sich auf die gleiche Ebene wie Selen­skyj begibt und (wie er glaubt) sein Leben riskiert.

Ins­ge­samt ist die Situa­tion natür­lich absurd: Die Staats­chefs der Ukraine, Europas und Russ­lands sind gezwun­gen, dem US-Prä­si­den­ten ständig in den Ohren zu liegen, damit der sich nicht von der Gegen­seite umgar­nen lässt. Das heißt, die Politik der USA wird zu einem gewis­sen Grad von ihnen bestimmt – und nicht durch fun­da­men­tale Werte, Ziele und Über­zeu­gun­gen, die ein US-ame­ri­ka­ni­scher Staats­chef eigent­lich haben sollte.

Doch diesem Prä­si­den­ten fehlen solche Werte – er ist wie ein leerer Koch­topf. Der eine Koch füllt ihn mit heißem [ukrai­ni­schem] Borschtsch, der andere mit ver­dor­be­ner [rus­si­scher] Kohl­suppe. Ent­schei­dend ist, wer bessere Mög­lich­kei­ten hat, an den Topf heranzukommen.“

Enormer Druck auf die Frontlinie

Zum Ende der warmen Jah­res­zeit hin sieht die Staats­füh­rung in Moskau ihre wohl letzte Chance, noch mehr ukrai­ni­sches Ter­ri­to­rium zu erobern, bevor Diplo­ma­tie oder die eigene Wirt­schaft sie zum Ein­len­ken zwingen. Der Druck der rus­si­schen Armee ist entlang der gesam­ten Front spürbar, beson­ders bei Pokrowsk – einem zen­tra­len Logis­tik­kno­ten­punkt für die Ukraine in der Region Donezk. Der Mangel an Infan­te­rie und ein immer inten­si­ver geführ­ter Droh­nen­krieg erschwe­ren die Ver­tei­di­gung zusätz­lich. Ukrai­ni­sche Medien berich­ten aus­führ­lich über die ange­spannte Lage.

„Lie­fe­rung wei­te­ren ‚Men­schen­ma­te­ri­als‘ aus Nordkorea“

NV ver­öf­fent­licht eine Analyse von Yurii Fedo­renko, dem Kom­man­deur des Droh­nen­re­gi­ments Achil­les, über die neuen Schwie­rig­kei­ten an der Front:

„Die Situa­tion ist kom­pli­ziert und könnte sich weiter ver­schär­fen. Der Feind verlegt Reser­ven aus den Grenz­re­gio­nen Russ­lands an die Front, kon­zen­triert seine Kräfte und rückt überall dort vor, wo er durch­bre­chen kann und zah­len­mä­ßig über­le­gen ist. Laut der Haupt­ver­wal­tung für Auf­klä­rung des ukrai­ni­schen Ver­tei­di­gungs­mi­nis­te­ri­ums werden pro Monat 30.000 bis 35.000 Men­schen […] ent­sandt, um die Ver­luste der feind­li­chen Streit­kräfte aus­zu­glei­chen. Russ­land erfüllt seine monat­li­chen Rekru­tie­rungs­pläne zu min­des­tens 105 bis 110 Prozent.

Doch damit nicht genug: Am Vor­abend der [Friedens-]Verhandlungen hat Putin mit Nord­ko­rea die Lie­fe­rung einer wei­te­ren Ladung ‚Men­schen­ma­te­rial‘ ver­ein­bart. Nord­ko­rea plant, rund 6.000 zusätz­li­che Sol­da­ten sowie 50 bis 100 mili­tä­ri­sche Geräte, dar­un­ter Kampf­pan­zer […] und Schüt­zen­pan­zer […], nach Russ­land zu schi­cken. Öffent­li­che Quellen deuten darauf hin, dass Russ­land außer­dem Arbeits­kräfte aus Nord­ko­rea her­an­zieht. Es ist durch­aus möglich, dass unter dem Deck­man­tel von ‚Arbei­tern‘ tat­säch­lich ‚Sol­da­ten­stie­fel‘ ins Land kommen.“

„Eine 20 Kilo­me­ter lange Todeszone“

Am 11. August rückten rus­si­sche Truppen bei Pokrowsk zehn Kilo­me­ter vor – wurden später jedoch zurück­ge­drängt. Sus­pilne beschreibt die Kriegs­rea­li­tät vor Ort:

„Während dieser ganzen Zeit haben die Russen nahezu die­selbe Taktik ange­wen­det: Sie nutzten güns­tige Wet­ter­be­din­gun­gen aus, tarnten sich zwi­schen Bäumen und Büschen und umgin­gen in Gruppen von bis zu 15 Mann die ukrai­ni­schen Befes­ti­gun­gen. Ebenso simpel wählten sie die Rich­tung [ihres Vor­mar­sches]: Sie drangen dort ein, wo der Wider­stand am gerings­ten war. All dies wurde durch die Feu­er­kon­trolle von Drohnen unter­stützt. Da die Reich­weite der Droh­nen­schläge unter anderem dank FPV-Drohnen mit Glas­fa­ser­steue­rung zuge­nom­men hat, hat sich die Kon­takt­li­nie in eine 20 Kilo­me­ter lange Todes­zone verwandelt. […]

‚[Rus­si­sche] Sabo­ta­ge­grup­pen sind im Einsatz und suchen nach Stellen in der Ver­tei­di­gung, an denen es kri­tisch wenig oder gar keine Infan­te­rie gibt‘, kom­men­tierte ein Soldat, dessen Einheit sich im Durch­bruchs­ge­biet befindet.

‚Ich würde sogar sagen, dass es für den Feind in diesem Gebiet derzeit schwie­ri­ger ist, Orte zu finden, an denen unsere Infan­te­rie präsent ist, als solche, an denen sie fehlt. Deshalb legen sie sich Ther­mo­de­cken um, dringen in kleinen Gruppen vor und bleiben so für [ukrai­ni­sche] Drohnen unsicht­bar. Auf diese Weise gelan­gen sie nicht nur an die vor­ders­ten Linien, sondern direkt ins Hinterland.‘“

„Die Russen wurden schnell ausgeschaltet“

Serhii Fili­mo­nov, Batail­lons­kom­man­deur einer in der Nähe von Pokrowsk sta­tio­nier­ten Sturm­truppe, betont in Hro­madske, die Situa­tion in der Stadt sei vorerst wieder unter Kontrolle:

„Tat­säch­lich gab es ein Problem in Pokrowsk, als es dem Feind gelang, durch Lücken in der Ver­tei­di­gungs­li­nie ein­zu­drin­gen. Doch sie wurden ziem­lich schnell aus­ge­schal­tet. Alle wurden getötet. In Pokrowsk gibt es jetzt defi­ni­tiv keine feind­li­chen Kräfte mehr. Vor Pokrowsk wurde eine regu­läre Ver­tei­di­gung auf­ge­baut – und alles wird gut. […] Eine Gruppe von etwa 16 bis 17 Männern schaffte es zwar in die Stadt, wurde aber sehr schnell […] zurück­ge­drängt und ver­nich­tet. Es gab sogar Gefan­gene, die alles berich­te­ten. Daher sehe ich derzeit keine Pro­bleme in Pokrowsk.“

Anar­chist im Schüt­zen­gra­ben: Zum Tod von David Chichkan

Der ukrai­ni­sche Künst­ler und Akti­vist David Chich­kan wurde am 9. August in der Region Sapo­rischschja schwer ver­wun­det und erlag einen Tag später seinen Ver­let­zun­gen. Der unkon­ven­tio­nelle Künst­ler verband seine anar­chis­ti­schen Über­zeu­gun­gen mit dem Dienst in der Infan­te­rie, um – wie er sagte – „gemein­sam mit den ein­fa­chen Männern“ das Land zu ver­tei­di­gen. [Gemeint sind damit Männer aus der Arbei­ter- und Bau­ern­schicht – Anm. d. Red.] Er wurde am 18. August mit einer Trau­er­ze­re­mo­nie auf dem Maidan Nesa­le­sch­nosti („Platz der Unab­hän­gig­keit“) gewür­digt. Ukrai­ni­sche Medien erin­nern an Chich­kan und sein Wirken für die Gesellschaft.

„Ein Leben für Kunst und Antiautoritarismus“

Anna Kravets, Jour­na­lis­tin und Freun­din von David Chich­kan, schreibt in ihrem Artikel für Graty über sein Leben und Wirken sowie ihre Erin­ne­run­gen an den Sol­da­ten der ukrai­ni­schen Streit­kräfte, Anar­chis­ten und Künstler.

„David Chich­kan war sein ganzes Leben lang poli­tisch aktiv und setzte sich für anti­au­to­ri­täre Ideen in der Kunst und im Stra­ßen­kampf ein. Er erkannte die Auto­ri­tät von Kunst­in­sti­tu­tio­nen auf­grund ihrer Hier­ar­chien oder ihrer Zuge­hö­rig­keit zu olig­ar­chi­schen Ein­fluss­be­rei­chen nicht an.

Er wuchs in einer Künst­ler­fa­mi­lie auf. Sowohl seine Mutter und sein Vater als auch sein Groß­va­ter und Urgroß­va­ter [Leonid Chich­kan] waren Künst­ler. Die Bilder seines Urgroß­va­ters [...] wurden 2022 von den Russen aus einem Museum in Cherson gestoh­len, als sie sich aus der Stadt zurückzogen.“

„Soli­da­ri­tät und Protest“

Die Ukra­jinska Prawda erin­nert an die Welt­sicht des gefal­le­nen Künst­lers und Aktivisten:

„David arbei­tete mit Grafik, Malerei, Street Art und Per­for­mance und bezog dabei die unter­schied­lichs­ten Men­schen mit ein.

‚Als talen­tier­ter und in krea­ti­ven Kreisen wohl­be­kann­ter Künst­ler ver­kör­perte er Soli­da­ri­tät und ermu­tigte die Kunst­ge­mein­schaft, die Pro­teste der Frauen-Gewerk­schaft am Pinchuk Art Centre in der Haupt­stadt zu unter­stüt­zen, [genau wie] die Pro­teste der Kuriere [des Lie­fer­diens­tes] Glovo […] und die Gewerk­schaf­ten der Berg­ar­bei­ter in Lys­sytschansk und Selydowe. […]

Seit dem Beginn des Krieges stellte er die unter­schätzte Rolle der Roma und Romnja sowie Anar­chis­ten und Anar­chis­tin­nen bei der Ver­tei­di­gung der Ukraine dar und ver­suchte, die anti­au­to­ri­tä­ren Kämp­fe­rin­nen und Kämpfer zu ver­ewi­gen, die die Ukraine gegen die rus­sisch-faschis­ti­sche Inva­sion ver­tei­di­gen‘, beschreibt der Akti­vist Artem Tidva Chich­kans künst­le­ri­sches Schaffen.“

„Kein anderer Künst­ler hat so viele Angriffe erlebt”

Sus­pilne erin­nert daran, dass Chich­kan wegen seiner Ansich­ten und Werke häufig ins Visier der ukrai­ni­schen Rechten geriet:

„Sein Kamerad Lesik erin­nert sich, David habe keine Angst gehabt: ‚Später habe ich ver­stan­den, dass er diese Angst ratio­na­li­siert und sie mit Hilfe seiner mora­li­schen Über­zeu­gun­gen über­wun­den hat.‘

Der Künst­ler Nikita Kadan sagte: ‚Wahr­schein­lich hat kein anderer ukrai­ni­scher Künst­ler so viele Angriffe und Aggres­sio­nen, so viele Ver­leum­dun­gen und Aus­gren­zun­gen aus den künst­le­ri­schen Kreisen erlebt wie David Chichkan.‘

‚David betrach­tete die Welt aus einer anderen Per­spek­tive. Er hatte einen anderen Hori­zont der poli­ti­schen Vor­stel­lungs­kraft, und nun liegt es an uns, diesen Hori­zont zu errei­chen. Der Weg wird lang sein‘, schloss er.“

„Ukrai­ni­sche Flaggen neben denen von Anarchisten”

David Chich­kan hatte eine klare Vor­stel­lung davon, wie die Beer­di­gung eines Anar­chis­ten aus­se­hen sollte. LB schil­dert, wie seine Freun­din­nen und Freunde diesen letzten Willen erfüllten:

„Die Auto­ko­lonne wurde von einem Fahr­zeug ange­führt, aus dessen Laut­spre­chern anar­chis­ti­sche Lieder dröhn­ten […]. Hun­derte Men­schen kamen: die Familie des Gefal­le­nen, seine Kame­ra­den, poli­ti­sche Akti­vis­ten, anar­chis­ti­sche Jugend, Künst­le­rin­nen und Film­schaf­fende. Ukrai­ni­sche Flaggen wehten neben den Flaggen von Anar­chis­tin­nen, Anar­cho­syn­di­ka­lis­ten, femi­nis­ti­schen Initia­ti­ven und der LGBT-Com­mu­nity. Junge Men­schen trugen Repro­duk­tio­nen seiner Werke. Eines davon, auf dem David seinen gefal­le­nen Kame­ra­den malen wollte, wird für immer unvoll­endet bleiben.

Davids Ange­hö­rige und Freunde, die­je­ni­gen, die mit ihm gedient hatten, sowie Künst­le­rin­nen und Künst­ler hielten Reden. Sie erin­ner­ten an ihn und seine Ideen. Die Musi­ke­rin Maryna Krut spielte auf der Bandura [einem tra­di­tio­nel­len ukrai­ni­schen Sai­ten­in­stru­ment] eines ihrer bekann­tes­ten Lieder, ‚Volya‘ (dt. Frei­heit):

Mutter, weine nicht!
Du hast mich für die Frei­heit geboren.
Und mit meinem Blut
werden Son­nen­blu­men auf dem Feld sprießen.“

 

Anton Semyz­henko ist Redak­teur der eng­lisch­spra­chi­gen Ausgabe von babel.ua in Kyjiw mit über 15 Jahren Berufs­er­fah­rung als Jour­na­list im ukrai­ni­schen Medienbetrieb.

Chris­tian-Zsolt Varga ist freier Aus­lands­kor­re­spon­dent mit Schwer­punkt Ukraine, Ungarn und Europas Osten und berich­tet für ver­schie­dene euro­päi­sche Medien aus Kyjiw.

Ukrai­ni­sche Medien

Die Online-Zeitung Ukra­jinska Prawda ver­öf­fent­licht als regie­rungs­kri­ti­sches Medium inves­ti­ga­tive Artikel und deckte auch Kor­rup­ti­ons­fälle inner­halb der ukrai­ni­schen Regie­rung auf. Sie zählt zu den meist­ge­nutz­ten Nach­rich­ten­por­ta­len der Ukraine.

Die Ukra­jinska Prawda wurde im Jahr 2000 vom ukrai­nisch-geor­gi­schen Jour­na­lis­ten Heorhij Gon­gadse gegrün­det, der im dar­auf­fol­gen­den Jahr – angeb­lich auf Ver­an­las­sung des dama­li­gen Prä­si­den­ten Leonid Kut­schma – ermor­det wurde. Die heutige Chef­re­dak­teu­rin ist die bekannte ukrai­nisch-krim­ta­ta­ri­sche Jour­na­lis­tin Sevgil Mus­aieva.

Im Mai 2021 ver­kaufte die dama­lige Eigen­tü­me­rin Olena Prytula 100 Prozent der Anteile an Dragon Capital, eine ukrai­ni­sche Invest­ment-Manage­ment-Gesell­schaft, die vom tsche­chi­schen Unter­neh­mer Tomáš Fiala gelei­tet wird.

Aufrufe der Website im Mai 2023: 69,6 Millionen

Das Online-Nach­rich­ten­por­tal und ‑Fern­se­hen Hro­madske finan­ziert sich über Crowd­fun­ding bei seinen Lese­rin­nen und Lesern, Spenden, Werbung und über für andere Medien auf­ge­nom­mene Videos.

Hro­madske wurde als NGO mit dazu­ge­hö­ri­gen Online-Medien im Novem­ber 2013 mit Beginn des Euro­mai­dan gegrün­det. Die jetzige Chef­re­dak­teu­rin ist die ukrai­ni­sche Jour­na­lis­tin Jewhe­nija Motorewska, die sich zuvor mit dem Thema Kor­rup­tion in ukrai­ni­schen Straf­ver­fol­gungs­be­hör­den befasst hat.

Die Wei­ter­ent­wick­lung von Hro­madske wird von einem Vor­stand vor­an­ge­trie­ben, der aus sieben pro­mi­nen­ten ukrai­ni­schen Per­sön­lich­kei­ten besteht, dar­un­ter Nobel­preis­trä­ge­rin Olek­san­dra Matwijtschuk.

Aufrufe der Website im Mai 2023: 2,8 Millionen

Der ukrai­ni­sche Fern­seh­sen­der mit Online-Nach­rich­ten­por­tal, dessen Chef­re­dak­teu­rin die ukrai­ni­sche Jour­na­lis­tin Chry­styna Hawryl­juk ist, wird finan­zi­ell von der ukrai­ni­schen Regie­rung unter­stützt. In diesem Zusam­men­hang hat sich die Website einer aus­ge­wo­ge­nen Bericht­erstat­tung verpflichtet.

Das renom­mierte Insti­tute of Mass Infor­ma­tion führte Suspilne.Novyny im Sep­tem­ber 2021 auf der soge­nann­ten „weißen Liste“ ukrai­ni­scher Medien, die ein sehr hohes Niveau an zuver­läs­si­gen Infor­ma­tio­nen bieten.

Suspilne.Novyny wurde im Dezem­ber 2019 gegrün­det und gehört zur Natio­na­len öffent­li­chen Rund­funk­ge­sell­schaft der Ukraine. Im Januar 2015 war die zuvor staat­li­che Rund­funk­an­stalt ent­spre­chend euro­päi­schen Stan­dards in eine öffent­li­che Rund­funk­ge­sell­schaft umge­wan­delt worden.

Aufrufe der Website im Mai 2023: 7,4 Millionen

NV ist eine Print- und Online-Zeit­schrift, deren Schwer­punkt auf Nach­rich­ten aus dem Ausland und der ukrai­ni­schen Politik liegt. Zu den Haupt­the­men zählen die inter­na­tio­nale Unter­stüt­zung der Ukraine, Kor­rup­tion sowie die künf­tige Ent­wick­lung des Landes. Die Online-Ausgabe ver­öf­fent­lich oft Artikel renom­mier­ter aus­län­di­scher Medien wie The Eco­no­mist, The New York Times, BBC und Deut­sche Welle. Die Zeit­schrift erscheint frei­tags als Druck­aus­gabe auf Ukrai­nisch, die Website ist auf Ukrai­nisch, Rus­sisch und Eng­lisch ver­füg­bar. NV gilt als eine der zuver­läs­sigs­ten Nach­rich­ten­quel­len in der Ukraine.

NV wurde im Jahr 2014 – ursprüng­lich unter dem Namen Nowjoe Wremja („Die neue Zeit“) – vom ukrai­ni­schen Jour­na­lis­ten Witalij Sytsch gegrün­det, der die Chef­re­dak­tion über­nahm. Zuvor arbei­tete Sytsch bei dem eben­falls popu­lä­ren Magazin Kor­re­spon­dent. Er verließ Kor­re­spon­dent, nachdem es an Serhij Kur­tschenko – einen Janu­ko­wytsch nahe­ste­hen­den Olig­ar­chen aus Charkiw – ver­kauft worden war. NV gehört zum Ver­lags­haus Media-DK, dessen Eigen­tü­mer der tsche­chi­sche Unter­neh­mer Tomáš Fiala ist.

Aufrufe der Website im Mai 2023: 27,1 Millionen

Dser­kalo Tyschnja liefert Hin­ter­grund­be­richte und Ana­ly­sen; das The­men­spek­trum umfasst poli­ti­sche, wirt­schaft­li­che, soziale und kul­tu­relle Themen. Die Zeitung betrach­tet die ukrai­ni­sche Politik und deren Akteure in einem inter­na­tio­na­len Zusam­men­hang. Dser­kalo Tyschnja steht auf der „weißen Liste“ ukrai­ni­scher Medien, die zuver­läs­sige Infor­ma­tio­nen liefern.

Dser­kalo Tyschnja ist eine der ältes­ten ukrai­ni­schen Zei­tun­gen und erschien zuerst 1994. Seit 2020 ist die Zeitung nur noch online ver­füg­bar: auf Ukrai­nisch, Rus­sisch und Eng­lisch. Chef­re­dak­teu­rin ist die bekannte ukrai­ni­sche Jour­na­lis­tin Julija Mostowa, Ehefrau des ehe­ma­li­gen ukrai­ni­schen Ver­tei­di­gungs­mi­nis­ters Ana­to­lij Hrysenko.

Aufrufe der Website im Mai 2023: 4,7 Millionen

Das ukrai­ni­sche Online-Magazin Babel wurde im Sep­tem­ber 2018 gegrün­det. Das The­men­spek­trum umfasst soziale und poli­ti­sche Themen; beson­de­res Augen­merk gilt aber auch Nach­rich­ten aus der Wis­sen­schaft und über neue Technologien.

Nach dem 24. Februar 2022 wurde die zuvor eben­falls ange­bo­tene rus­si­sche Version der Website geschlos­sen. Statt­des­sen wird nun eine eng­li­sche Version ange­bo­ten. Babel finan­ziert sich über Spenden. Die Mit­ar­bei­te­rin­nen und Mit­ar­bei­ter von Babel enga­gie­ren sich in zahl­rei­chen Pro­jek­ten, die darauf abzie­len, die ukrai­ni­schen Streit­kräfte während des Krieges zu unterstützen.

Die Eigen­tü­mer des Online-Maga­zins sind der erste Chef­re­dak­teur Hlib Husjew, Kateryna Kober­nyk und das slo­wa­ki­sche Unter­neh­men IG GmbH.

Heute ist die ukrai­ni­sche Jour­na­listin Kateryna Kober­nyk Chef­re­dak­teurin von Babel.

Aufrufe der Website im Mai 2023: 1,1 Millionen

Das Online-Magazin LB gehört zum Hor­schenin-Insti­tut, einer ukrai­ni­schen Denk­fa­brik, die sich mit poli­ti­schen und gesell­schaft­li­chen Pro­zes­sen in der Ukraine und der Welt beschäf­tigt. LB hat sich auf Inter­views spe­zia­li­siert; häufige Themen sind die ukrai­ni­sche Innen- und inter­na­tio­nale Politik sowie soziale Fragen in der Ukraine.

LB wurde im Juni 2009 unter dem Namen Liwyj Bereh gegrün­det, Chef­re­dak­teu­rin Sonja Kosch­kina hat seit 2018 einen eigenen Youtube-Kanal „Kish­kiNA“, auf dem sie Inter­views mit ver­schie­de­nen Per­so­nen veröffentlicht.

Aufrufe der Website im Mai 2023: 2 Millionen

Im Fokus des ukrai­ni­schen im Jahr 2000 gegrün­de­ten Online-Nach­rich­ten­por­tals LIGA stehen wirt­schaft­li­che, poli­ti­sche und soziale Themen. Seit 2020 steht LIGA auf der „weißen Liste“ ukrai­ni­scher Medien, die stets präzise Infor­ma­tio­nen und zuver­läs­sige Nach­rich­ten anbieten.

Chef­re­dak­teu­rin ist die ukrai­ni­sche Jour­na­lis­tin Julija Bankowa, die davor eine lei­tende Posi­tion bei dem Online-Magazin Hro­madske hatte.

Der Eigen­tü­mer des Nach­rich­ten­por­tals ist die ukrai­ni­sche unab­hän­gige Media­hol­ding Liga­me­dia, deren Geschäfts­füh­rer Dmytro Bon­da­renko ist.

Aufrufe der Website im Mai 2023: 8,5 Millionen

Censor prä­sen­tiert sich als Website mit „emo­tio­na­len Nach­rich­ten“. Der Fokus liegt vor allem auf innen­po­li­ti­schen Ent­wick­lun­gen. Seit dem rus­si­schen Über­fall auf die Ukraine sind viele Bei­träge den Ereig­nis­sen an der Front und den ukrai­ni­schen Streit­kräf­ten gewid­met. Censor ist auf drei Spra­chen ver­füg­bar: Ukrai­nisch, Rus­sisch und Englisch.

Das Nach­rich­ten­por­tal Censor wurde 2004 vom bekann­ten ukrai­ni­schen Jour­na­lis­ten Jurij Butusow gegrün­det und zählt zu den popu­lärs­ten Nach­rich­ten­sei­ten des Landes. Butusow gilt als schar­fer Kri­ti­ker von Prä­si­dent Selen­skyj. Er erhebt schwere Vor­würfe in Bezug auf Kor­rup­tion inner­halb der ukrai­ni­schen Regie­rung, schlechte Vor­be­rei­tung auf den Krieg gegen Russ­land und unbe­frie­di­gende Ver­wal­tung der Armee. Butusow wird von über 400.000 Men­schen auf Face­book gelesen. Seine Posts auf dem sozia­len Netz­werk haben enormen Ein­fluss und lösen hitzige Dis­kus­sio­nen aus.

Aufrufe der Website im Mai 2023: 59 Millionen

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