„EU muss rote Linien wiederherstellen“

Foto: IMAGO /​ Nur­Photo

Pres­se­schau 17. bis 30. Sep­tem­ber 2025:
Schick­sals­wah­len in der Repu­blik Moldau +++ Mil­li­ar­den­loch im Haus­halt +++ Empö­rung über Inter­view mit umstrit­te­nem Unternehmer

Schick­sals­wah­len in der Repu­blik Moldau

Am 28. Sep­tem­ber hat die Repu­blik Moldau ein neues Par­la­ment gewählt. Erneut errang die pro­eu­ro­päi­sche PAS-Partei von Prä­si­den­tin Maia Sandu die abso­lute Mehr­heit und damit ein starkes Mandat, um den EU-Bei­tritt ihres Landes vor­an­zu­trei­ben, der eng mit der wei­te­ren EU-Inte­gra­tion der Ukraine gekop­pelt ist. Dort wurde die Wahl mit großer Anspan­nung ver­folgt: Ein Sieg pro­rus­si­scher Kräfte hätte die ukrai­ni­sche Grenze unsi­che­rer gemacht und die Gefahr hybri­der Angriffe in der Repu­blik Moldau erhöht.

„Moldau als Sprung­brett nach Europa und in die Ukraine“

LIGA dis­ku­tiert die Ver­su­che Russ­lands, die Wahlen zu beeinflussen:

„Die rus­si­sche Ein­mi­schung in die Wahlen in Moldau ist so offen­sicht­lich, dass sogar Beamte und Geheim­dienste offen darüber spre­chen. Sie gip­felte in einem Bericht [der Nach­rich­ten­agen­tur] Bloom­berg, die am 22. Sep­tem­ber einen detail­lier­ten Plan des Kreml ent­hüllte – genau an dem Tag, an dem mol­daui­sche Straf­ver­fol­gungs­be­hör­den 250 Durch­su­chun­gen im Zusam­men­hang mit der Vor­be­rei­tung von Mas­sen­un­ru­hen durchführten.

Der rumä­ni­sche Europa-Abge­ord­nete Sieg­fried Mureșan macht gegen­über LIGA das Ziel Moskaus deut­lich: ‚Russ­land will Moldau als Sprung­brett nach Europa und in die Ukraine nutzen.‘

Die [...] direkt vom Kreml koor­di­nierte Stra­te­gie zielt darauf ab, Prä­si­den­tin Maia Sandu zu ent­mach­ten. Laut den [von] Bloom­berg [ver­öf­fent­lich­ten] Doku­men­ten umfasst die Ope­ra­tion die Anwer­bung der Dia­spora zur Stimm­ab­gabe und die Orga­ni­sa­tion von [...] Pro­tes­ten; zudem sollten Staats­be­diens­tete mit­hilfe von kom­pro­mit­tie­ren­dem Mate­rial unter Druck gesetzt werden.

In einem Inter­view [...] nannte Sandu kon­krete Zahlen: ‚Wir haben Beweise für die Bestechung von 140.000 Men­schen‘ (das sind bis zu zehn Prozent der Wäh­ler­schaft) bei den letzten Wahlen. [...] Moskau setze auch phy­si­sche Pro­vo­ka­tio­nen ein, etwa fin­gierte Bom­ben­dro­hun­gen oder Brand­stif­tung in Gebäu­den der Zen­tra­len Wahl­kom­mis­sion [...]. Am stärks­ten greift der Kreml

den Infor­ma­ti­ons­raum an. [...] Vic­to­ria Olari vom Atlan­tic Council bezeich­net die Instru­mente Moskaus im Gespräch mit LIGA als ‚Akti­ons­plan‘, der die ‚ille­gale Finan­zie­rung von Proxys und Pro­pa­ganda in sozia­len Netz­wer­ken‘ auf Platt­for­men wie TikTok, Face­book und Tele­gram umfasst.“

„EU muss rote Linien wiederherstellen“

Den Wahl­sieg der PAS mit abso­lu­ter Mehr­heit sehen viele in Kyjiw als das best­mög­li­che Ergeb­nis. Die mit der Ukra­jinska Prawda ver­bun­dene Jew­ro­pe­jska Prawda warnt dennoch vor Pro­ble­men, die damit ein­her­ge­hen können:

„Im Kampf gegen die Anhänger:innen der Rus­si­schen Föde­ra­tion hat die pro­eu­ro­päi­sche Regie­rung [Moldaus] nicht wenige rote Linien über­schrit­ten. So konnten bei Weitem nicht alle am Wahl­kampf teil­neh­men. Die meisten Par­teien aus dem Umfeld des kreml­freund­li­chen Olig­ar­chen Ilan Șor wurden nicht einmal zur Regis­trie­rung zuge­las­sen. Diese Ent­schei­dung ist frag­wür­dig, aber vor allem wirksam [...].

Ein wei­te­res anschau­li­ches Bei­spiel ist die Ein­schrän­kung der Wahl­mög­lich­kei­ten für die Einwohner:innen [des sepa­ra­tis­ti­schen Lan­des­teils] Trans­nis­trien. Zwei Tage vor den Wahlen ver­legte die Zen­trale Wahl­kom­mis­sion wich­tige Wahl­lo­kale Dut­zende Kilo­me­ter von ihren übli­chen Stand­or­ten weg, sodass die meisten Wähler:innen nicht dorthin gelan­gen konnten. Und die ver­blie­be­nen Wahl­lo­kale waren am Wahltag plötz­lich nur schwer zu errei­chen, weil [...] die Brücken über den Dnister angeb­lich vermint worden seien. [...] Dieser ‚Zufall‘ ermög­lichte es der Regie­rung, ein bis zwei Mandate zu behal­ten, die sonst an pro­rus­si­sche Kräfte gegan­gen wären.

All diese Ein­schrän­kun­gen stießen im Westen auf kei­ner­lei Kritik. [...] Das still­schwei­gende Ein­ver­ständ­nis, mit dem die EU diese Ver­stöße tole­rierte, hat seine Gründe. Erstens ließen die Prä­si­dent­schafts­wah­len im ver­gan­ge­nen Jahr keinen Zweifel daran, dass Moldau einem hybri­den Angriff durch Russ­land aus­ge­setzt ist. [...] Zwei­tens steht in Kriegs­zei­ten extrem viel auf dem Spiel. Sollte der Kreml in Moldau siegen, könnten die Kon­se­quen­zen für die Ukraine, ihre Zukunft und selbst für die Front­li­nie so schwer­wie­gend sein, dass die übli­chen [demo­kra­ti­schen] Regeln [...] an Bedeu­tung verlieren.

Nun steht die EU jedoch vor einer neuen Her­aus­for­de­rung. Bei den nächs­ten Wahlen in Moldau und [...] in der Ukraine könnte die EU vor die Not­wen­dig­keit gestellt werden, die roten Linien nach­zu­zie­hen, die im Jahr 2025 ver­wischt wurden. Denn Men­schen, die sich nicht an Regeln halten wollen, wird es immer geben – selbst dann, wenn der Kampf gegen die Russen dies nicht mehr erfordert.“

„Eine Art his­to­ri­scher Gedächtnisverlust“

Eine Repor­te­rin von Sus­pilne reiste durchs Land und besuchte dabei auch Gag­au­sien, eine kleine auto­nome Region im Süden der Repu­blik Moldau, deren Bevöl­ke­rung sich klar auf die Seite Russ­lands stellt:

„Ein Grund dafür liegt in der Geschichte. Die Gag­au­sen, ortho­doxe Türk:innen, kamen im 19. Jahr­hun­dert nach Bes­sa­ra­bien, das damals zum Rus­si­schen Reich gehörte. Der rus­si­sche Zar gab ihnen Land, wor­auf­hin sie sich in der Region nie­der­lie­ßen und dem Reich gegen­über loyal ver­hiel­ten. [...] während der Sowjet­zeit ver­suchte man, die Region zu rus­si­fi­zie­ren. Die Wirt­schaft war eng mit Russ­land ver­bun­den und die gag­ausi­sche Sprache wurde zuguns­ten des Rus­si­schen fast voll­stän­dig aus den Schulen verbannt.

Der Jour­na­list und Gründer der gag­ausi­schen Nach­rich­ten­seite Nokta, Mikhail Sirkeli [...], sagt, die der­zei­tige [...] Auto­no­mie [des Gebiets] wirke wie das ideale Ergeb­nis der Rus­si­fi­zie­rung – genau so, wie der Kreml es sich wünsche:

‚ein völlig ver­än­der­tes Bewusst­sein, eine völlig ver­än­derte Iden­ti­tät – eine Art his­to­ri­scher Gedächt­nis­ver­lust. Moskau hat die Men­schen in Gag­au­sien massiv ein­ge­schüch­tert [...] [und] das funk­tio­niert. Gleich­zei­tig igno­rie­ren die Gag­au­sen die Tat­sa­che, dass der Kreml für die Hun­gers­not von 1946/​47 ver­ant­wort­lich war, für Depor­ta­tio­nen und die aktive Rus­si­fi­zie­rung der Bevölkerung [...].‘“

Mil­li­ar­den­loch im Haushalt

Am 15. Sep­tem­ber ver­ab­schie­dete die ukrai­ni­sche Regie­rung den Haus­halts­ent­wurf für 2026. Wie in Kriegs­zei­ten üblich, fließt das meiste Geld ins Militär. Den größten Zuwachs erhält jedoch die Bildung. Wie in den Vor­jah­ren hängt das Budget stark von west­li­cher Hilfe ab – rund 15,4 Mil­li­ar­den Euro fehlen bislang. Ukrai­ni­sche Medien ana­ly­sie­ren die Pläne für Ein­nah­men und Aus­ga­ben im kom­men­den Jahr.

„Hohe Sozi­al­aus­ga­ben: Vorbote künf­ti­ger Wahlen?“

Die mit der Ukra­jinska Prawda ver­bun­dene Eko­no­mit­schna Prawda schlüs­selt den neuen Haus­halt auf:

„Die Aus­ga­ben für Sicher­heit und Ver­tei­di­gung sind nach wie vor bei­spiel­los hoch: Im Haus­halts­ent­wurf belau­fen sie sich auf [ca. 62 Mil­lar­den Euro], also mehr als ein Viertel des gesam­ten BIP. Im Ver­gleich zu 2025 ist dieser Betrag jedoch nur sym­bo­lisch gestie­gen – um 0,6 Prozent. [...] Für den Kauf von Waffen ist sogar noch weniger vor­ge­se­hen als derzeit. [...] Etwa 27,2 Prozent des BIP fließen in die Armee, die Straf­ver­fol­gungs­be­hör­den und andere Sicher­heits­struk­tu­ren. Eine weitere Erhö­hung der Ver­tei­di­gungs­aus­ga­ben ist nur mit exter­ner Hilfe möglich. [...] Im Gegen­satz [dazu] erhält der soziale und huma­ni­täre Sektor 2026 eine erheb­li­che Finanz­spritze. Die Aus­ga­ben [...] werden um zehn Prozent auf [ca. 9,7 Mil­lar­den Euro] steigen. Das Geld wird haupt­säch­lich für Renten und ver­schie­dene Sozi­al­leis­tun­gen [sowie für die Gesund­heits­ver­sor­gung] verwendet. [...]

Der größte pro­zen­tuale Anstieg ist bei der Bildung zu ver­zeich­nen. Die Aus­ga­ben in diesem Bereich belau­fen sich auf [ca. 5,9 Mil­lar­den Euro], ein Drittel mehr als im Jahr 2025. Dieser his­to­ri­sche Rekord­be­trag soll eine deut­li­che Erhö­hung der Gehäl­ter von Lehrer:innen und die Ent­wick­lung der Schulen finanzieren. [...]

Die Regie­rung bezeich­net den Haus­halt als sozial. Manche ver­mu­ten darin einen Vor­bo­ten künf­ti­ger Wahlen.“

„Das Defizit sinkt nicht, sondern steigt“

In Hro­madske geht der Geschäfts­füh­rer des Thinktanks CASE Ukraine, Dmytro Boi­archuk, auf die aus­län­di­sche Finan­zie­rung ein, auf die der ukrai­ni­sche Staats­haus­halt ange­wie­sen ist:

„Zum vierten Mal in Folge beträgt das [Haushalts]defizit rund 40 Mil­li­ar­den Dollar. Laut Finanz­mi­nis­ter wird es im nächs­ten Jahr bei 45,5 Mil­li­ar­den Dollar liegen. Die Zahl sinkt also nicht, sie steigt. Und [dieses Defizit] wird haupt­säch­lich dank der Finan­zie­rung durch inter­na­tio­nale Partner gedeckt. In einer nor­ma­len Wirt­schaft wäre das ein Problem, aber die Ukraine erhält Unter­stüt­zung. Meines Wissens muss die Ukraine [im Gegen­zug] ihre Ein­nah­men kon­so­li­die­ren und Schat­ten­ge­schäfte unterbinden.“

„Hohe Aus­ga­ben nicht noch erhöhen“

LB berich­tet von kri­ti­schen Reak­tio­nen einiger Abge­ord­ne­ter auf den Haushaltsentwurf:

„[Die Partei des eins­ti­gen Prä­si­den­ten Petro Poro­schenko] Euro­päi­sche Soli­da­ri­tät bestand darauf, den Haus­halts­ent­wurf als unrea­lis­tisch abzu­leh­nen. Diesen Vor­schlag unter­stütz­ten jedoch nur 22 Abgeordnete.

Der Haus­halts­ent­wurf selbst bedarf derzeit keiner Zustim­mung durch die Volksvertreter:innen. Die Abge­ord­ne­ten können [aber] bis zum 1. Oktober Vor­schläge ein­rei­chen, über die am 20. Oktober in erster Lesung ent­schie­den werden soll, [die end­gül­tige Ver­ab­schie­dung soll] spä­tes­tens am 1. Dezem­ber [erfol­gen]. Die Vor­sit­zende des Haus­halts­aus­schus­ses, Rok­s­o­l­ana Pidlasa, for­derte die Abge­ord­ne­ten auf, nur solche Ände­rungs­an­träge ein­zu­rei­chen, die die ohnehin schon hohen Aus­ga­ben nicht noch weiter erhöhen. ‚Ich bin zuver­sicht­lich, dass wir einen Kom­pro­miss finden und einen aus­ge­gli­che­nen Haus­halt ver­ab­schie­den werden‘, sagte Pidlasa.“

Empö­rung über Inter­view mit umstrit­te­nem Unternehmer

Am 25. Sep­tem­ber ver­öf­fent­lichte Forbes Ukraine ein Inter­view mit Serhii Tigipko, einem erfolg­rei­chen Unter­neh­mer mit poli­tisch schwer belas­te­ter Ver­gan­gen­heit: 2004 leitete Tigipko den Wahl­kampf­stab des dama­li­gen Minis­ter­prä­si­den­ten Viktor Janu­ko­wytsch, später war er Abge­ord­ne­ter von dessen Partei der Regio­nen, 2014 stimmte er für die soge­nann­ten Dik­ta­tur­ge­setze gegen die Pro­tes­tie­ren­den der Euro­mai­dan-Bewe­gung. Nichts davon wird in dem Inter­view ange­spro­chen. In den sozia­len Netz­wer­ken ent­brannte dar­auf­hin eine Debatte über die Ver­ant­wor­tung von Men­schen für eigene Ver­feh­lun­gen in der Vergangenheit.

„Die Liste ließe sich leicht erweitern“

In einem Face­book-Post fragt der Chef­re­dak­teur von Forbes Ukraine, Borys Davy­denko, einige Tage nach der Ver­öf­fent­li­chung des Inter­views, wie die ukrai­ni­sche Gesell­schaft mit all den Poli­ti­kern umgehen solle, die einst in dubiose Affären ver­strickt waren:

„Akhme­tov, Pinchuk, Zhevaho, [die Ehe­leute] Hereha, Kolo­mois­kyi, Boho­liubov, Poros­henko, Verevs­kyi, Zlo­chevs­kyi, Kho­mu­tyn­nyk, Tihipko, Cher­no­vets­kyi, Yaros­lavs­kyi, Ada­movs­kyi, Aliiev, Firtash, Bakhma­tiuk, Barsh­chovs­kyi – diese Geschäfts­leute stellen 70 Prozent der 25 reichs­ten Ukrainer:innen.

Die Gesell­schaft (und in einigen Fällen auch das Natio­nale Anti­kor­rup­ti­ons­büro) könnte leicht Ankla­gen (unter­schied­li­chen Schwe­re­grads) gegen jede:n von ihnen wegen unethi­scher, unge­rech­ter oder sogar ille­ga­ler Aneig­nung ihres Ver­mö­gens oder bestimm­ter Phasen ihrer geschäft­li­chen oder poli­ti­schen Lauf­bahn vorbringen.

Dieser Liste könnte man getrost 90 Prozent aller Bau­un­ter­neh­mer hin­zu­fü­gen, Hun­derte aus­län­di­sche Unter­neh­men, die sich nicht aus Russ­land zurück­ge­zo­gen haben, dazu Glücks­spiel­un­ter­neh­men und Tabak­händ­ler, Alko­hol­pro­du­zen­ten sowie mehr als drei Dutzend Geschäfts­leute, die für die ‚dik­ta­to­ri­schen Gesetze vom 16. Januar [2014]‘ gestimmt haben.

Ande­rer­seits erwirt­schaf­ten die Unter­neh­men dieser Per­so­nen den Löwen­an­teil des ‚nicht­staat­li­chen‘ BIP. Sie schaf­fen Arbeits­plätze für Mil­lio­nen Ukrainer:innen und ver­sor­gen etliche Mil­lio­nen Men­schen mit Waren und Dienstleistungen.“

„Zeigt uns etwas, das Hoff­nung auf die Zukunft gibt“

Hlib Husiev, stell­ver­tre­ten­der Chef­re­dak­teur von Babel, über­legt, auf welche Weise eine kom­pro­mit­tierte Person wie Tigipko ihren ange­schla­ge­nen Ruf wie­der­her­stel­len und ins öffent­li­che Leben zurück­keh­ren könnte:

„Zeigt uns eure [Inves­ti­tio­nen in] For­schung und Ent­wick­lung. Zeigt uns eure Labore, , eure Zen­tri­fu­gen, eure Spek­tro­me­ter, eure Kurse für Inge­nieure, […], eure Ver­suchs­werk­stät­ten, eure Sti­pen­dien für talen­tierte Stu­die­rende tech­ni­scher Fakul­tä­ten. […]. Zeigt uns die Wissenschaftler:innen, die reich gewor­den sind, weil ihr ihnen gehol­fen habt, Patente anzu­mel­den. Und zwar [wirk­lich] die Wissenschaftler:innen, die ihr reich gemacht habt – und nicht euch selbst. Zeigt uns irgend­et­was, das ver­nünf­ti­gen Men­schen echte Hoff­nung auf die Zukunft gibt. Hoff­nung darauf, dass ihre Kinder das Land nicht ver­las­sen müssen. Hoff­nung darauf, dass nicht alle künf­ti­gen Gene­ra­tio­nen vom Krieg ver­flucht sein werden. Und dann könnt ihr auf irgend­wel­chen Kon­fe­ren­zen prahlen – und Forbes erzäh­len, was immer ihr wollt.“

„Kein Wie­der­auf­bau ohne private Unternehmer“

Der Publi­zist Valerii Pekar merkt an, der Wie­der­auf­bau des Landes sei ohne erfah­rene Geschäfts­leute wie Tigipko nicht möglich:

„Ohne den pri­va­ten Sektor und private Gelder wird es keinen Wie­der­auf­bau nach dem Krieg geben. Denn alle staat­li­chen Pro­gramme werden mit Steu­er­gel­dern anderer Länder finan­ziert. Es wird für das Land also immer schwie­ri­ger, weitere Mil­li­ar­den für den Wie­der­auf­bau zu beschaf­fen, wenn diese nicht durch private Gelder ergänzt werden. Und diese pri­va­ten Gelder werden in die größten pri­va­ten Unter­neh­men der Ukraine fließen. […] Denn aus Sicht des Westens sind sie kre­dit­wür­dig und ihre Eigen­tü­mer genie­ßen den Ruf, unter ukrai­ni­schen Bedin­gun­gen sehr kom­plexe Pro­jekte umset­zen zu können. Niemand wird Tigipko Geld für ein neues poli­ti­sches Projekt geben; aber um den Wie­der­auf­bau des Landes durch seine Unter­neh­men zu finan­zie­ren, werden sie Schlange stehen.“

Anton Semyz­henko ist Redak­teur der eng­lisch­spra­chi­gen Ausgabe von babel.ua in Kyjiw mit über 15 Jahren Berufs­er­fah­rung als Jour­na­list im ukrai­ni­schen Medienbetrieb.

Chris­tian-Zsolt Varga ist freier Aus­lands­kor­re­spon­dent mit Schwer­punkt Ukraine, Ungarn und Europas Osten und berich­tet für ver­schie­dene euro­päi­sche Medien aus Kyjiw.

Ukrai­ni­sche Medien

Die Online-Zeitung Ukra­jinska Prawda ver­öf­fent­licht als regie­rungs­kri­ti­sches Medium inves­ti­ga­tive Artikel und deckte auch Kor­rup­ti­ons­fälle inner­halb der ukrai­ni­schen Regie­rung auf. Sie zählt zu den meist­ge­nutz­ten Nach­rich­ten­por­ta­len der Ukraine.

Die Ukra­jinska Prawda wurde im Jahr 2000 vom ukrai­nisch-geor­gi­schen Jour­na­lis­ten Heorhij Gon­gadse gegrün­det, der im dar­auf­fol­gen­den Jahr – angeb­lich auf Ver­an­las­sung des dama­li­gen Prä­si­den­ten Leonid Kut­schma – ermor­det wurde. Die heutige Chef­re­dak­teu­rin ist die bekannte ukrai­nisch-krim­ta­ta­ri­sche Jour­na­lis­tin Sevgil Mus­aieva.

Im Mai 2021 ver­kaufte die dama­lige Eigen­tü­me­rin Olena Prytula 100 Prozent der Anteile an Dragon Capital, eine ukrai­ni­sche Invest­ment-Manage­ment-Gesell­schaft, die vom tsche­chi­schen Unter­neh­mer Tomáš Fiala gelei­tet wird.

Aufrufe der Website im Mai 2023: 69,6 Millionen

Das Online-Nach­rich­ten­por­tal und ‑Fern­se­hen Hro­madske finan­ziert sich über Crowd­fun­ding bei seinen Lese­rin­nen und Lesern, Spenden, Werbung und über für andere Medien auf­ge­nom­mene Videos.

Hro­madske wurde als NGO mit dazu­ge­hö­ri­gen Online-Medien im Novem­ber 2013 mit Beginn des Euro­mai­dan gegrün­det. Die jetzige Chef­re­dak­teu­rin ist die ukrai­ni­sche Jour­na­lis­tin Jewhe­nija Motorewska, die sich zuvor mit dem Thema Kor­rup­tion in ukrai­ni­schen Straf­ver­fol­gungs­be­hör­den befasst hat.

Die Wei­ter­ent­wick­lung von Hro­madske wird von einem Vor­stand vor­an­ge­trie­ben, der aus sieben pro­mi­nen­ten ukrai­ni­schen Per­sön­lich­kei­ten besteht, dar­un­ter Nobel­preis­trä­ge­rin Olek­san­dra Matwijtschuk.

Aufrufe der Website im Mai 2023: 2,8 Millionen

Der ukrai­ni­sche Fern­seh­sen­der mit Online-Nach­rich­ten­por­tal, dessen Chef­re­dak­teu­rin die ukrai­ni­sche Jour­na­lis­tin Chry­styna Hawryl­juk ist, wird finan­zi­ell von der ukrai­ni­schen Regie­rung unter­stützt. In diesem Zusam­men­hang hat sich die Website einer aus­ge­wo­ge­nen Bericht­erstat­tung verpflichtet.

Das renom­mierte Insti­tute of Mass Infor­ma­tion führte Suspilne.Novyny im Sep­tem­ber 2021 auf der soge­nann­ten „weißen Liste“ ukrai­ni­scher Medien, die ein sehr hohes Niveau an zuver­läs­si­gen Infor­ma­tio­nen bieten.

Suspilne.Novyny wurde im Dezem­ber 2019 gegrün­det und gehört zur Natio­na­len öffent­li­chen Rund­funk­ge­sell­schaft der Ukraine. Im Januar 2015 war die zuvor staat­li­che Rund­funk­an­stalt ent­spre­chend euro­päi­schen Stan­dards in eine öffent­li­che Rund­funk­ge­sell­schaft umge­wan­delt worden.

Aufrufe der Website im Mai 2023: 7,4 Millionen

NV ist eine Print- und Online-Zeit­schrift, deren Schwer­punkt auf Nach­rich­ten aus dem Ausland und der ukrai­ni­schen Politik liegt. Zu den Haupt­the­men zählen die inter­na­tio­nale Unter­stüt­zung der Ukraine, Kor­rup­tion sowie die künf­tige Ent­wick­lung des Landes. Die Online-Ausgabe ver­öf­fent­lich oft Artikel renom­mier­ter aus­län­di­scher Medien wie The Eco­no­mist, The New York Times, BBC und Deut­sche Welle. Die Zeit­schrift erscheint frei­tags als Druck­aus­gabe auf Ukrai­nisch, die Website ist auf Ukrai­nisch, Rus­sisch und Eng­lisch ver­füg­bar. NV gilt als eine der zuver­läs­sigs­ten Nach­rich­ten­quel­len in der Ukraine.

NV wurde im Jahr 2014 – ursprüng­lich unter dem Namen Nowjoe Wremja („Die neue Zeit“) – vom ukrai­ni­schen Jour­na­lis­ten Witalij Sytsch gegrün­det, der die Chef­re­dak­tion über­nahm. Zuvor arbei­tete Sytsch bei dem eben­falls popu­lä­ren Magazin Kor­re­spon­dent. Er verließ Kor­re­spon­dent, nachdem es an Serhij Kur­tschenko – einen Janu­ko­wytsch nahe­ste­hen­den Olig­ar­chen aus Charkiw – ver­kauft worden war. NV gehört zum Ver­lags­haus Media-DK, dessen Eigen­tü­mer der tsche­chi­sche Unter­neh­mer Tomáš Fiala ist.

Aufrufe der Website im Mai 2023: 27,1 Millionen

Dser­kalo Tyschnja liefert Hin­ter­grund­be­richte und Ana­ly­sen; das The­men­spek­trum umfasst poli­ti­sche, wirt­schaft­li­che, soziale und kul­tu­relle Themen. Die Zeitung betrach­tet die ukrai­ni­sche Politik und deren Akteure in einem inter­na­tio­na­len Zusam­men­hang. Dser­kalo Tyschnja steht auf der „weißen Liste“ ukrai­ni­scher Medien, die zuver­läs­sige Infor­ma­tio­nen liefern.

Dser­kalo Tyschnja ist eine der ältes­ten ukrai­ni­schen Zei­tun­gen und erschien zuerst 1994. Seit 2020 ist die Zeitung nur noch online ver­füg­bar: auf Ukrai­nisch, Rus­sisch und Eng­lisch. Chef­re­dak­teu­rin ist die bekannte ukrai­ni­sche Jour­na­lis­tin Julija Mostowa, Ehefrau des ehe­ma­li­gen ukrai­ni­schen Ver­tei­di­gungs­mi­nis­ters Ana­to­lij Hrysenko.

Aufrufe der Website im Mai 2023: 4,7 Millionen

Das ukrai­ni­sche Online-Magazin Babel wurde im Sep­tem­ber 2018 gegrün­det. Das The­men­spek­trum umfasst soziale und poli­ti­sche Themen; beson­de­res Augen­merk gilt aber auch Nach­rich­ten aus der Wis­sen­schaft und über neue Technologien.

Nach dem 24. Februar 2022 wurde die zuvor eben­falls ange­bo­tene rus­si­sche Version der Website geschlos­sen. Statt­des­sen wird nun eine eng­li­sche Version ange­bo­ten. Babel finan­ziert sich über Spenden. Die Mit­ar­bei­te­rin­nen und Mit­ar­bei­ter von Babel enga­gie­ren sich in zahl­rei­chen Pro­jek­ten, die darauf abzie­len, die ukrai­ni­schen Streit­kräfte während des Krieges zu unterstützen.

Die Eigen­tü­mer des Online-Maga­zins sind der erste Chef­re­dak­teur Hlib Husjew, Kateryna Kober­nyk und das slo­wa­ki­sche Unter­neh­men IG GmbH.

Heute ist die ukrai­ni­sche Jour­na­listin Kateryna Kober­nyk Chef­re­dak­teurin von Babel.

Aufrufe der Website im Mai 2023: 1,1 Millionen

Das Online-Magazin LB gehört zum Hor­schenin-Insti­tut, einer ukrai­ni­schen Denk­fa­brik, die sich mit poli­ti­schen und gesell­schaft­li­chen Pro­zes­sen in der Ukraine und der Welt beschäf­tigt. LB hat sich auf Inter­views spe­zia­li­siert; häufige Themen sind die ukrai­ni­sche Innen- und inter­na­tio­nale Politik sowie soziale Fragen in der Ukraine.

LB wurde im Juni 2009 unter dem Namen Liwyj Bereh gegrün­det, Chef­re­dak­teu­rin Sonja Kosch­kina hat seit 2018 einen eigenen Youtube-Kanal „Kish­kiNA“, auf dem sie Inter­views mit ver­schie­de­nen Per­so­nen veröffentlicht.

Aufrufe der Website im Mai 2023: 2 Millionen

Im Fokus des ukrai­ni­schen im Jahr 2000 gegrün­de­ten Online-Nach­rich­ten­por­tals LIGA stehen wirt­schaft­li­che, poli­ti­sche und soziale Themen. Seit 2020 steht LIGA auf der „weißen Liste“ ukrai­ni­scher Medien, die stets präzise Infor­ma­tio­nen und zuver­läs­sige Nach­rich­ten anbieten.

Chef­re­dak­teu­rin ist die ukrai­ni­sche Jour­na­lis­tin Julija Bankowa, die davor eine lei­tende Posi­tion bei dem Online-Magazin Hro­madske hatte.

Der Eigen­tü­mer des Nach­rich­ten­por­tals ist die ukrai­ni­sche unab­hän­gige Media­hol­ding Liga­me­dia, deren Geschäfts­füh­rer Dmytro Bon­da­renko ist.

Aufrufe der Website im Mai 2023: 8,5 Millionen

Censor prä­sen­tiert sich als Website mit „emo­tio­na­len Nach­rich­ten“. Der Fokus liegt vor allem auf innen­po­li­ti­schen Ent­wick­lun­gen. Seit dem rus­si­schen Über­fall auf die Ukraine sind viele Bei­träge den Ereig­nis­sen an der Front und den ukrai­ni­schen Streit­kräf­ten gewid­met. Censor ist auf drei Spra­chen ver­füg­bar: Ukrai­nisch, Rus­sisch und Englisch.

Das Nach­rich­ten­por­tal Censor wurde 2004 vom bekann­ten ukrai­ni­schen Jour­na­lis­ten Jurij Butusow gegrün­det und zählt zu den popu­lärs­ten Nach­rich­ten­sei­ten des Landes. Butusow gilt als schar­fer Kri­ti­ker von Prä­si­dent Selen­skyj. Er erhebt schwere Vor­würfe in Bezug auf Kor­rup­tion inner­halb der ukrai­ni­schen Regie­rung, schlechte Vor­be­rei­tung auf den Krieg gegen Russ­land und unbe­frie­di­gende Ver­wal­tung der Armee. Butusow wird von über 400.000 Men­schen auf Face­book gelesen. Seine Posts auf dem sozia­len Netz­werk haben enormen Ein­fluss und lösen hitzige Dis­kus­sio­nen aus.

Aufrufe der Website im Mai 2023: 59 Millionen

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