Dmytro Dubilet: Vordenker des Onlinebankings

Einst brachte Dmytro Dubilet die beste ukrainische Bank-App zu voller Blüte. Dann gründete er die erste Direktbank der Ukraine, die sämtliche Geschäfte online abwickelt. Nach einer kurzen Zeit als Minister bietet der 39-Jährige nun Banken im Ausland sein Know-how in Sachen Finanztechnologie an – mit wachsendem Erfolg.
Es war eine Krise, die Ende 2016 fast alle Menschen in der Ukraine zu spüren bekamen: Die Privatbank, das mit Abstand größte Geldinstitut des Landes, war kurz davor, wegen möglicher Zahlungsunfähigkeit Konkurs anzumelden. Das riesige Bankhaus gehörte den Großunternehmern Ihor Kolomoiskyi und Hennadii Boholiubov – und die Sorgen um seine Zukunft hatten vor allem mit den umstrittenen Geschäften der beiden zu tun. Letzten Endes wurde die Privatbank verstaatlicht. Ihr Vorstandsvorsitzender war bis dahin der bekannte Ökonom Oleksandr Dubilet gewesen, IT-Direktor dessen Sohn Dmytro – und der ist heute einer der größten Unternehmer-Stars des Landes.
Der 39-Jährige aus Dnipro machte schon bei der Privatbank mit großen Erfolgen von sich reden. Er verantwortete das Vorzeigeprojekt Privat24, das Onlinebanking-System der Bank. Das war zwar schon im März 2001 an den Start gegangen – also lange vor Dubilets Zeit, und bereits zwei Jahre später konnte man damit direkte Überweisungen auf internationale Bankkarten durchführen sowie unkompliziert eine virtuelle Bankkarte beantragen. Doch auf Dubilets Jahre – er arbeitet von 2012 bis 2016 für die Privatbank – fielen die goldenen Tage der mobilen App von Privat24, die seit 2010 existiert. Dass man mittlerweile von Zugfahrkarten und Konzerttickets bis zu Computerspielen fast alles mit wenigen Klicks in dieser App kaufen kann, ist überwiegend sein Verdienst.
Neugründung nach der Krise der Privatbank
Die heikle Situation um die Verstaatlichung der Privatbank kommentiert Dmytro Dubilet, der an der Kyjiwer Taras-Schewtschenko-Universität Internationale Information studierte, ungern. Zu groß wären dabei die Interessenkonflikte. Der einstige Oligarch und Bankbesitzer Kolomoiskyi sitzt jedenfalls seit längerer Zeit unter anderem wegen des Vorwurfs der Geldwäsche in Untersuchungshaft. Und erst kürzlich verhängte der Nationale Sicherheits- und Verteidigungsrat der Ukraine Sanktionen gegen Kolomoiskyi und seinen Partner Boholiubov.
Dubilet dagegen gründete 2017 die innovative Monobank mit: ein von der ukrainischen Universal Bank unterstütztes Projekt, das stark an die Erfolge der App von Privat24 anknüpft und sich doch gänzlich von der riesigen Maschinerie der Privatbank unterscheidet. Als erstes Kreditinstitut der Ukraine wickelt die Monobank sämtliche Dienstleistungen über eine mobile App ab und kommt deshalb ohne Filialen aus. Die Kommunikation läuft überwiegend via Messenger wie Telegram oder Viber.
Millionen Menschen nutzen mobile Bankkonten per App
Nicht zuletzt dank der von Dmytro Dubilet gelegten Grundlage gilt die Monobank als die benutzerfreundlichste Bank der Ukraine. 2024 schaffte sie es erneut auf die vom US-amerikanischen Finanznachrichtensender CNBC und der globalen Datenbank Statista veröffentlichte Liste der besten sogenannten Neobanken – also Direktbanken, die Zahlungsgeschäfte über mobile Apps plus Bankkarte abwickeln. Anfang 2024 hatten mehr als acht Millionen Ukrainerinnen und Ukrainer ein Konto bei der Monobank.
Forbes Ukraine schätzte den Wert des Unternehmens vor dem russischen Großangriff im Februar 2022 auf 1,7 Milliarden US-Dollar. Inzwischen dürfte er bei 860 Millionen liegen, was aufgrund der enormen Herausforderungen während des russischen Angriffskrieges nach wie vor beachtlich ist. Eigner der Monobank ist zur Hälfte das Unternehmen FinTech Band, das Dubilet 2017 gemeinsam mit seinem Vater und weiteren Geschäftsleuten gegründet hatte und das IT-Dienstleistungen für ukrainische Banken bereitstellt. Größter Aktionär von FinTech Band ist Dubilets Bruder Oleksii.
Kurzes Zwischenspiel als Minister in der Regierung Honcharuk
Dmytro Dubilet selbst ist seit 2019 nicht mehr in die Geschäfte der Monobank involviert, auch wenn er ihr weiterhin mit Ratschlägen und strategischen Visionen zur Seite steht. „Meine Beziehungen zur Monobank sind wunderbar“, sagt er. Doch eine Rückkehr zum Produkt seines Lebens kommt für ihn nicht mehr infrage, seit er sich nach dem Wahlsieg Wolodymyr Selenskyjs für den Wechsel in den Staatsdienst entschied. „Das war damals eine sehr große Entscheidung für mich“, betont Dubilet. „Wenn man sich für den Eintritt in den Staatsdienst entscheidet, ändert sich das Leben enorm, sowohl im Alltag als auch im Beruf.“
In der ersten Selenskyj-Regierung um den jungen Premier Oleksii Honcharuk wurde Dubilet Minister des ukrainischen Regierungskabinetts, also eine Art Kanzleramtsminister. Mit seinen Erfahrungen bei der Privatbank und der Monobank sollte er die Arbeit der Regierung optimieren. Doch bereits im März 2020 wurde das Kabinett Honcharuk entlassen und Dubilets Zeit im Staatsdienst war – vermutlich deutlich schneller als erwartet – wieder zu Ende. „Ich habe mich lange nicht entscheiden können, ob ich der Regierung beitrete“, erinnert er sich. Im Nachhinein sei dies wohl ein Fehler gewesen.
Finanzdienstleister für Banken im Ausland
Zurück in der freien Wirtschaft gründete Dmytro Dubilet 2020 die Firma FinTech Farm – eine Art Serienhersteller von Neobanken, die ähnlich funktionieren wie die Monobank. FinTech Farm kooperiert mit Banken in diversen Ländern, für die es innovative, technologiebasierte Anwendungssysteme (sogenannte Fintech-Dienste) entwickelt und betreut. „Die Einzigartigkeit unseres Angebots besteht darin, dass es sich um eine wirklich umfassende Lösung handelt“, erklärt Dubilet.
Das erste Erfolgsprojekt der neuen Firma war die Leobank in Aserbaidschan, die 2021 an den Start ging und dort innerhalb von eineinhalb Jahren zum Marktführer wurde. Später wurde eine ähnliche Bank in Vietnam eröffnet; im vergangenen Jahr stieg FinTech Farm in Indien und Kirgistan ein. So sorgt Dmytro Dubilet dafür, ukrainisches Know-how international bekannt zu machen. „Das Schwierigste ist, dass potenzielle Partner oder Investoren, wenn sie ‚Ukraine‘ hören, sofort denken, das sei ein zusätzliches Risiko“, meint er. Doch offensichtlich ist das Vertrauen in FinTech Farm trotzdem groß.
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